Fotobuch gewährt ungewöhnliche Einblicke ins Rathaus
Die schweren Stahltüren im ehemaligen Tresorraum der Stadtkasse Schöneberg sind geöffnet, die dahinter liegenden Fächer weitgehend leer. Vor den Eisenschränken hängt, provisorisch an Metallhaken befestigt, ein riesiger Adventskranz aus Plastik, geschmückt mit Stiefelchen und Lebkuchenmännern aus bunter Pappe.
Dieses Bild, eines der ersten in Wartmanns Bildband "Verschlusssache - Geheimnisvolle Orte im Rathaus Schöneberg", steht prototypisch für die Art und Weise, wie sich der Fotograf seinem Objekt genähert hat: Der besondere Reiz der Bilder liegt darin, dass er die einzelnen Zeitschichten, die der Bau in seiner 100-jährigen Geschichte durchlaufen hat, auch innerhalb eines Bildes nachzeichnen kann. So wirft er beispielsweise auch einen Blick in das historische Dienstzimmer der Regierenden Bürgermeister in der Zeit der Berliner Teilung und zeigt die Ernsthaftigkeit, die Bedeutsamkeit und Schwere des holzvertäfelten, vielleicht gar protzigen Raums. Gebrochen wird der Eindruck durch die Papierberge, Aktenordner und persönlichen Andenken der heutigen Nutzerin, Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD).
Der Auswahl der gut 80 meist großformatigen und immer farbigen Bilder gelingt es damit, zu zeigen, was das Schöneberger Rathaus selbst bis heute so faszinierend, so einzigartig macht: Die einstmals welthistorische Bedeutung des Gebäudes liegt noch immer in der Luft und wird für jeden Besucher spätestens dann spürbar, wenn er in das prächtige Eingangsfoyer des Hauses tritt.
Andererseits ist das Schöneberger Rathaus eben bis heute auch ein normales Rathaus, ein lebendiger Ort, an dem sich Besucher und Lokalpolitiker mit der Gegenwart und der Zukunft des Bezirks auseinanderzusetzen haben.
Die Bilder in dem nun veröffentlichen Fotoband unterstreichen diesen Eindruck mit dem Blick auf Orte, die sonst nur selten oder gar nicht zu sehen sind. Neben dem ehemaligen Tresorraum also beispielsweise - mit einem Blick vom Sitz der Bezirksverordnetenvorsteherin in den historischen BVV-Saal. Für viele dürften auch die zahlreichen Repräsentationsräume des Hauses oder die prächtige Verwaltungsbibliothek bisher unbekannt sein. Kleine Begleittexte geben dabei nicht nur einen historischen Abriss über die Bedeutung des Baus, sondern ordnen das auf den Fotos Gezeigte auch in den Gesamtkontext ein, indem sie von beidem erzählen: dem Rathaus als historischem, aber weiterhin lebendigem Ort.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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