Schüler richten sich mit selbstgebauten Möbeln ein
"Die Bretter haben wir schon vorher zusägen lassen, den Rest machen jetzt die Schüler", erklärt Handwerker Adrian Klein, während um ihn herum die Bohr- und Schleifmaschinen lärmen. Und die Kinder. Denn das Projekt "Bauereigniswoche" ist für die Erst- und Zweitklässler der Finow-Grundschule in der Welserstraße natürlich ein besonderes Erlebnis. Bereits am Ende des vergangenen Jahres haben sie gemeinsam mit den beiden Berliner Innenarchitektinnen Katharina Sütterlin und Susanne Wagner in einer ersten Projektphase überlegt, welche Möbel sie für ihre Klassenräume bauen wollen. Dabei haben sie sich vor allem für niedrige Lerntische, für Pulte und Hocker entschieden. Und die wurden nun Mitte Februar vor Ort gefertigt. "Die wenigsten der Schüler haben vorher schon einmal etwas in dieser Richtung gemacht", sagt Klein. Umso erstaunlicher sei es gewesen, welche Fähigkeiten dann auf einmal zum Vorschein kämen.
Und genau darin, so sagt Innenarchitektin Wagner, liege der Zweck des Projekts. "Es gibt Schüler, die sich am Anfang gar nicht recht trauen, eine Bohrmaschine in die Hand zu nehmen, weil sie glauben, das nicht zu können." Im Anschluss seien es häufig gerade diese Kinder, die sogar beschließen, Schreiner zu werden. Darüber hinaus soll das Projekt dabei helfen, die Schüler einander näher zu bringen. "Weil sie eben gezwungen sind, zusammenzuarbeiten", sagt Wagner.
Vor fünf Jahren haben die beiden Innenarchitektinnen ihr Projekt das erste Mal umgesetzt, damals an einer Kreuzberger Schule. Inzwischen haben sie das Angebot auf ganz Berlin ausgeweitet. Finanziert über den Berliner Projektfonds kulturelle Bildung schrauben, leimen und bohren sie derzeit an sechs Schulen in der Hauptstadt. "Das Interesse wurde immer größer, je mehr Schulen von dem Angebot erfahren haben", sagt Wagner. Momentan müssten sie die meisten Anfragen sogar ablehnen, weil nicht ausreichend Projektmittel zur Verfügung stünden.
Für die Schulen sei das Bauprojekt auch deshalb attraktiv, weil die Lehrer mit dem neuen Mobiliar in den Klassenräumen individuelle Arbeits- und Sozialformen verwirklichen könnten. So könnten sich manche Schüler beispielsweise besser konzentrieren, wenn sie vor niedrigen Arbeitstischen hocken und dort ihre Bücher ausbreiten könnten. Andere bevorzugen richtige Stühle oder hohe Hocker. In manchen Schulen haben die Projektleiterinnen sogar Liegeflächen in die Klassenräume gebaut.
Wo genau sich der siebenjährige Hassan und die achtjährige Leonie später ihren Lieblingsplatz aussuchen werden, wissen sie noch nicht. Beide waren sich allerdings schon jetzt einig darüber, dass ihnen das Ganze "Riesenspaß" macht. Und dann auch schon wieder weg. Denn sie mussten ja weiter schleifen.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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