Schöneberg. Die Ausstellung "Wir waren Nachbarn", die die Lebensläufe von Zeitzeugen des NS-Regimes in Schöneberg nachzeichnet, ist thematisch erweitert worden. In diesem Jahr sollen die verfolgten und ermordeten jüdischen Künstler aus dem Bezirk im Fokus stehen.
Die Stärke der Ausstellung im Rathaus Schöneberg ist die persönliche Nähe zu den ehemaligen Nachbarn, die sie schafft. Verteilt über zahlreiche Leseplätze können die Besucher in Alben blättern, die jeweils einer Person oder Familie aus Schöneberg gewidmet sind. Und können so anhand von Bildern, handgeschriebenen Briefen und sonstigen Dokumenten nachvollziehen, was aus den Menschen geworden ist, deren Leben durch die NS-Herrschaft ab den 30er-Jahren durcheinandergebracht oder gar gewaltsam beendet wurde. Ilja Bergh hat im Exil in Dänemark und der Sowjetunion überlebt. Ein Album in der Schöneberger Ausstellung erinnert daran, dass der 85-jährige Komponist und Pianist einst Teil der hiesigen Nachbarschaft war und Ende der 30er-Jahre als Kind zum Gehen gezwungen wurde. Zur Ausstellungseröffnung im Rathaus war er selbst noch einmal da und wusste beklemmende Geschichten darüber zu erzählen, wie er beispielsweise im Kindergarten schon am Anfang der 30er-Jahre gezwungen wurde, mit einem Spielzeuggewehr auf die Karikatur eines Juden zu schießen. "Dabei sollten wir dann immer brüllen: Juden raus!"
Zum Themenjahr "Zerstörte Vielfalt 1933-1938-1945" ist die Ausstellung mit Lebensläufen wie dem von Ilja Bergh um Tondokumente erweitert worden, in denen Zeitzeugen von ihren Erlebnissen berichten. So soll das Projekt unter der Trägerschaft des Vereins für Begegnung und Erinnerung "frag doch!" nun noch authentischer werden. "Wir sind ein wenig stolz", sagt die frühere Kulturamtsleiterin und jetzige Ehrenamtliche Katharina Kaiser, "dass wir mit unserer Ausstellung einen anderen Blick auf die Geschichte entwickelt haben und ein bisschen stilprägend nach außen waren." Früher sei die Beschäftigung mit dem Holocaust oft nüchterner geschehen. "Heute versuchen immer mehr, die Geschichte auch aus dem Blick derer zu zeigen, die betroffen waren."
In den kommenden Monaten will der Verein "frag doch!" auf diese Weise den Bezirk vor allem auch als verhinderten Kunstkiez darstellen. Denn rund ein Drittel der insgesamt 145 Alben erzählen die Geschichte von Künstlern, die durch das NS-Regime vertrieben oder umgebracht wurden. Unter dem Titel "Fluchten - Jüdische Künstlerinnen und Künstler" sind deren Alben künftig besonders hervorgehoben.
Zu sehen ist zu Ausstellung in der Ausstellungshalle im Rathaus Schöneberg, John-F.-Kennedy-Platz, direkt hinter dem Haupteingang täglich außer freitags zwischen 10 und 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Mehr Infos unter 902 77 45 27 und www.wirwarennachbarn.de.
Ralf Liptau / flip
Dieser Inhalt gefällt Ihnen?
Melden Sie sich an, um diesen Inhalt mit «Gefällt mir» zu markieren.
Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.
Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...
Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...
Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...
Kommentare