Noch kein Gesetz zum Prostituiertenschutz

Warten auf Kundschaft. | Foto: KEN

Spätestens zum Jahresende hätte im Land Berlin das Prostituiertenschutzgesetz umgesetzt sein müssen. Es hätte Auswirkung auf den Straßenstrich im Kurfürstenkiez. Doch Fehlanzeige.

Das im Oktober 2016 vom Bundestag verabschiedete Gesetz sieht eine Meldepflicht für Prostituierte vor. Ferner sollen den weiblichen und männlichen Sexarbeitern Gesundheitsschutz- und Beratungsleistungen angeboten werden.

„Wo andere Bundesländer bereits alles vorbereitet haben und startklar sind, hat Berlin einmal mehr geschlafen“, kritisiert der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion in der BVV, Daniel Dittmar.

Das liegt am Zuständigkeitsgerangel zwischen Senat und Bezirken. So erfolgte erst vor Kurzem eine Verständigung darüber, dass der Bezirk Tempelhof-Schöneberg die im Prostituiertenschutzgesetz vorgesehenen überregionalen Aufgaben für ganz Berlin übernimmt. Folglich sind weder die erforderlichen Mitarbeiter noch benötigte Räume rechtzeitig vorhanden. Prostituierte können weiterhin ihr Gewerbe nicht anmelden. Sie erhalten lediglich ein Stück Papier, das einen „Anmeldeversuch“ bescheinigt.

In der Dezember-Sitzung der Bezirksverordneten wurde ein Antrag der CDU, das Prostituiertenschutzgesetz nun rasch umzusetzen, auf Antrag der Bündnisgrünen mit der rot-rot-grünen Mehrheit zur weiteren Beratung in den federführenden Hauptausschuss und in den Gesundheitsausschuss überwiesen.

Die SPD hält das für sinnvoll, weil das Gesetz schließlich wichtig für die betroffenen Prostituierten sei. Die Linke lehnt das Bundesgesetz ab. Es sei „gängelnd und stigmatisierend für Sexarbeiter“, meint die Verordnete Carolin Behrenwald. Beide Gremien tagen nicht vor Februar. Es wird also weiter Zeit verstreichen, bis das Gesetz umgesetzt ist.

Auch beim Umgang mit der Straßenprostitution im Kurfürstenkiez und ihren negativen Folgen für die Anwohner werden politische Differenzen sichtbar, sogar innerhalb von Rot-Grün. Während der grün-rot regierte Bezirk Mitte – zu ihm gehört der Kiez im Bereich von Tiergarten-Süd – eine Befragung der Anwohner in die Wege geleitet hat mit dem Ziel, die Probleme konkret benennen und darauf entsprechend reagieren zu können, lehnt Rot-Grün in Tempelhof-Schöneberg eine solche Umfrage mit den Worten des SPD-Fraktionschefs Jan Rauchfuß als „tendenziösen Quatsch“ ab. Der Bezirk lasse die Bürger im Stich, kritisiert die CDU.

Flankierend zur laufenden Umfrage des Bezirksamts Mitte diskutieren Anwohner in Tiergarten-Süd ein Sofortmaßnahmenkatalog in Bezug auf den Straßenstrich. Erarbeitet wurde der Katalog mit insgesamt zwölf Forderungen von der Arbeitsgemeinschaft „Nachbarschaft und Sexarbeit“ des Stadtteil-Forums Tiergarten-Süd.

Zu den Hauptforderungen, deren Umsetzung noch im ersten Quartal dieses Jahres gewünscht ist, gehören das Aufstellen automatisierter Toiletten mit Waschmöglichkeit, mehr Abfallkörbe und häufigeres Reinigen von Straßen, Plätzen und Grünflächen durch die BSR, eine bessere Beleuchtung, ein polizeiliches Durchfahrtsverbot durch die Genthiner Straße, wie es bereits in der Lützow- und Kluckstraße zur Anwendung kommt, und die „strikte Anwendung und Kontrolle der Reglungen des Prostituierten-Schutzgesetzes zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten“ – und das sofort.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 343× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 962× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 557× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.