Wie barrierefrei ist der Bezirk?
Schöneberg. Wie steht es mit der Barrierefreiheit in Tempelhof-Schöneberg? Dieser Frage ging das „Legislative Theater Berlin“ (LTB) mit den Mitteln der Kunst nach.
Zu der Vorstellung hatten das bezirkliche Netzwerk „Runder Tisch: Inklusion Jetzt!“ und das Bezirksamt kürzlich in den Goldenen Saal des Rathauses Schöneberg eingeladen. Anlass war der 1992 auf Initiative des Vereins „Selbstbestimmt Leben“ begründete und von der Aktion Mensch koordinierte Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai.
„Wir wollen ein Zeichen setzen für Gleichstellung und Inklusion“, sagte die Bürgermeisterin und Schirmherrin des Abends, Angelika Schöttler (SPD). Das seien jedoch keine bloßen juristischen Begriffe. Sie müssten jeden Tag „ganz praktisch passieren“, so Schöttler weiter.
Allerdings ist die Kluft zwischen dem im Grundgesetz verankerten Anspruch der Gleichberechtigung für alle Menschen, auch für jene mit Behinderung, und ihrer Lebenswirklichkeit immer noch groß. In Tippelschritten ist der Bezirk unterwegs, sie Stück für Stück zu schließen.
„Wir haben schon einige Fortschritte erzielt.“ Angelika Schöttler verwies auf den Abbau von Barrieren in öffentlichen Gebäuden, auf Straßen und Plätzen. Auch habe Tempelhof-Schöneberg in den vergangenen Jahren ein Projekt mit dem Ziel durchgeführt, Barrieren auf dem ersten Arbeitsmarkt abzubauen. Es gebe bei vielen Unternehmen noch immer Barrieren im Kopf, sagte Angelika Schöttler, aber auch wunderbare Beispiele für Unternehmen, in denen die Beschäftigung von Menschen mit Handicap selbstverständlich ist. „Das wollen wir auch auf alle anderen Unternehmen übertragen.“
Als „unerfreulich“ bezeichnete die Rathauschefin eine Pressemitteilung von Aktion Mensch zum Thema Barrierefreiheit. Von den fünf untersuchten bundesdeutschen Großstädten liege Berlin auf dem vorletzten Platz, vor Köln. Primus ist München.
Im Anschluss an eine LTB-Spielszene zu bauliche Barrieren sagte Tempelhof-Schönebergs Behindertenbeauftragte Franziska Schneider, 80 Prozent der Berliner Wohngebäude seien Altbauten, der Denkmalschutz sei beim Thema Barrierefreiheit nicht sehr kooperativ und in der Stadt fehlten aktuell 40 000 barrierefreie Wohnungen.
Eine andere Szene des Legislativen Theaters Berlin, dessen Besonderheit es ist, „Bürger und Politik miteinander in einen Dialog zu bringen“, so Harald Hahn, neben Jens Clausen künstlerischer Leiter des Kreuzberger Theaters, schilderte den Alltag in einer inklusiven Schule und die Probleme bei der Verwirklichung echter Teilhabe. Was auch Bürgermeisterin Angelika Schöttler und Zuschauer im Publikum bestätigen konnten: Es fehlt an Schulhelfern. Schon die Erkrankung eines Schulhelfers kann die gesetzliche Schulpflicht aushebeln.
„I think I wanna be a Member of Society“ (Ich glaub', ich möchte ein Mitglied der Gesellschaft sein) sang Olaf Gabor vom LTB in seinem „Inklusions-Reggae“. Ein berechtigter Wunsch, den aus der Bezirkspolitik nur sehr wenige vernommen haben. Neben Bürgermeisterin Angelika Schöttler war nur die CDU-Verordnete Denise Marx zu der Veranstaltung gekommen. Sie ist unter anderem Mitglied in den BVV-Ausschüssen für Frauen-, Queer- und Inklusionspolitik, Integration und Soziales und Senioren. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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