Die Autos sollen weiter rollen
Ausschuss lehnt maximale Verkehrsberuhigung am Barbarossaplatz ab
Die Mitglieder des bezirklichen Verkehrsausschusses haben mehrheitlich dagegen gestimmt, den Barbarossaplatz autofrei umzugestalten. Damit stellen sie sich gegen das Ergebnis der vorangegangenen Bürgerbeteiligung.
Hintergrund: Der Barbarossaplatz soll in den nächsten Jahren fußgängerfreundlicher, grüner und widerstandfähiger gegen den Klimawandel werden. Dafür stehen Fördermittel in Höhe von 2,7 Millionen Euro zur Verfügung. In einer vom Bezirksamt beauftragten Machbarkeitsstudie wurden drei Varianten erarbeitet.
Variante drei sieht vor, alle Straßen, die auf den Platz münden, zu Sackgassen zu machen. Dafür sprachen sich mehrheitlich die Lehrer- und Schülerschaft der Grundschule sowie die Mitarbeiter der Volkshochschule aus, die am Platz ansässig sind. Auch unter den 375 Bürgerinnen und Bürgern, die bei der Online-Beteiligung mitmachten, fand die autofreie Lösung am meisten Anklang.
Doch die Mitglieder von SPD, CDU und Linken im Verkehrsausschuss votierten für die Variante eins. Danach soll lediglich die Barbarossastraße neben der Schule als Sackgasse enden. So wird der Raum vor der Schule bis zur grünen Mittelinsel erweitert, und auch der Grünzug Alice-Salomon-Park wäre autofrei erreichbar. Es ist damit zu rechnen, dass die Bezirksverordnetenversammlung der Empfehlung des Ausschusses folgt.
Die SPD habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, so die Fraktionsvorsitzende Marijke Höppner. Es seien jedoch sehr unterschiedliche Positionen und Erwartungen zu berücksichtigen gewesen. „So wünschten sich einige sehr große Veränderungen, andere mochten ihren Barbarossaplatz behalten, wie er ist.“ Alle Straßen als Sackgassen am Platz enden zu lassen, hätte in ihren Augen zudem zu ihrer „Verödung“ geführt.
Offene Freude bei der CDU. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ralf Olschewki sagt, das Bezirksamt sei mit seinen Plänen „krachend gescheitert“. Die vom Ausschuss favorisierte Variante sei ein gangbarer Kompromiss. „Die Eisenacher Straße wird auch künftig für den Durchgangsverkehr von Pkw und Lieferfahrzeugen offen sein, die Anzahl der Parkplatzverluste wird deutlich geringer“, sagt er. Die CDU halte zudem die Bürgerbeteiligung für methodisch zweifelhaft und habe eine eigene auf den Weg gebracht. Dabei hätten rund 300 Haushalte und Gewerbetreibende geantwortet. Zwei Drittel seien gegen die autofreie Variante gewesen.
Ganz anderer Ansicht ist Annabelle Wolfsturm, fußverkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Nur mit der Variante drei sei es möglich, möglichst viel Straßenland zu entsiegeln und damit nicht nur die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, sondern auch etwas für das Klima und die Schwammstadt zu tun. Zum Vorgehen der CDU sagt sie: „Ich finde es anmaßend, die durchgeführte gesetzliche Beteiligung herunterzuspielen und eine eigene Umfrage zu machen, die von Beginn an nicht neutral war.“ Ganz zentral für die Christdemokraten seien die wegfallenden Stellplätze gewesen.
Enttäuscht ist auch die Bezirksgruppe Tempelhof-Schöneberg des Vereins Fuss, der sich für die Belange von Fußgängern einsetzt. Was als förderungswürdiges Pilotprojekt angemeldet wurde, sei nun zu einem „Projektchen“ geschrumpft. „Wir bedauern es sehr, dass die große Chance, Beispielgebendes zu schaffen für die größte aller Verkehrsgruppen – die Fußgängerinnen und Fußgänger – verpasst wurde“, heißt es in einer Mitteilung. Gerade wegen der am Platz befindlichen Volkshochschule hätten nicht nur die unmittelbaren Anwohner von der Autofreiheit profitiert. Fazit des Vereins: „Wieder einmal hat sich die Parkplatzlobby gegen Menschen durchgesetzt.“
Infos über das Projekt gibt es auch auf https://mein.berlin.de.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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