Stille Nacht wär's gewesen
Rot-Grün will Straßensperrung für Weihnachtssingen / BVG lehnt ab
Seit mehr als 30 Jahren veranstaltet der Bezirk an Heiligabend ein Weihnachtskonzert und Singen vor dem Rathaus Schöneberg. Diesmal sollen erstmals die umliegenden Straßen gesperrt werden.
Am 24. Dezember ab 16 Uhr wird das Blechbläserensemble der Leo Kestenberg Musikschule für eine Stunde weihnachtliche Lieder spielen, zu denen alle mitsingen können. Und zum Abschluss, so ist es geplant, werden das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ und das Geläut der Freiheitsglocke vom Rathausturm erklingen.
Die Zählgemeinschaft in der BVV aus SPD und Grünen hat die stille und heilige Nacht wörtlich genommen. Zum ersten Mal soll für einen der schönsten Augenblicke vor dem Rathaus Schöneberg der motorisierte Verkehr ruhen. Dafür sollen Martin-Luther-, Freiherr-vom-Stein- und Badensche Straße rund um den John-F.-Kennedy-Platz gesperrt werden.
Zur Begründung führen SPD und Grüne an, das von Hunderten von Schönebergern alljährliche Traditionssingen werde einzig und allein vom Verkehrslärm gestört. „Eine kurzzeitige Sperrung für den motorisierten Verkehr würde für die angemessene Ruhe sorgen und die Veranstaltung noch attraktiver machen“, gibt Sozialdemokrat Axel Seltz an. Darüber hinaus wäre es eine Würdigung der Musiker, könnte ihrem Musizieren ungestört gelauscht werden.
Der im September eingebrachte Antrag war zunächst in den Ausschuss für Straßen, Verkehr, Grün und Umwelt überwiesen und dort diskutiert worden. Der sprach eine Empfehlung für den Antrag aus. Dennoch wurde in der BVV noch einmal debattiert.
Die CDU-Fraktion hatte einen Änderungsantrag eingebracht. Er wurde von AfD und Linken unterstützt. Die Union will keine Straßen sperren. Sie hat vorgeschlagen, während der Veranstaltung eine temporäre Geschwindigkeitsbegrenzung auf 20 Kilometer pro Stunde anzuordnen.
Mit der Martin-Luther-Straße würde eine der wichtigsten Straßen in der Stadt gesperrt, argumentiert CDU-Mann Ralf Olschewski. „Und wo fahren die Busse?“, fragt der Politiker. Der Antrag sei „ein ganz großer Fehler“. Berlin werde sich kranklachen. Elisabeth Wissel von der Linken fügt an, auch ihre Fraktion sei für das Weihnachtssingen. Der Verkehr werde am Heiligen Abend erfahrungsgemäß nicht groß sein. Tempo 20 würde völlig ausreichen. Axel Seltz merkt an, dass für Demonstrationen und Sportereignisse Straßen problemlos gesperrt würden. „Die Stadt bricht nicht zusammen.“
Der CDU-Änderungsantrag wurde abgelehnt, der Antrag von SPD und Grünen angenommen. Allerdings haben jetzt die zuständigen Landesbehörden und die BVG in der Angelegenheit das letzte Wort. Die Verkehrslenkung Berlin hat eine Sperrung abgelehnt. So auch die Berliner Verkehrsbetriebe. Sie müsse mindestens drei Monate vorher beantragt werden, sagt BVG-Konzernsprecherin Petra Nelken. Der Aufwand, mit dem die BVG unter anderem Dienstpläne ändern sowie Umleitungen und provisorische Haltestellen ankündigen und ausschildern müsste, stehe in keinem Verhältnis zu einer Stunde Weihnachtssingen, so Nelken.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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