Waffengeschäft als „Showroom für Sicherheitsartikel“ deklariert
Anwohner protestieren gegen Eröffnung
Anwohner sowie Mitglieder der IG Potsdamer Straße haben einen offenen Brief an die Gewobag geschickt. Anlass: Die Wohnungsbaugesellschaft hat Räume in der Potsdamer Straße 183 an ein Waffengeschäft vermietet.
In englischer Sprache wird dort die baldige Eröffnung angekündigt. Im Schaufenster sind auf mit rotem Stoff ausgeschlagenen Treppchen Handfeuerwaffen drapiert. Waffen und Munition will eine Firma namens Lipcom e.K. verkaufen. Auf Seiten der Briefunterzeichner herrscht Unverständnis. „Hier, wo sich das Quartiersmanagement Schöneberger Norden seit Jahren um den Abbau von sozialen Spannungen bemüht, setzt die Gewobag ein Waffengeschäft mittenrein. Warum tut sie das?“, heißt es in dem Brief an das kommunale Unternehmen. „Mit dieser Vermietung konterkariert sie jedoch alle Bemühungen um lebendige Vielfalt in unserem Stadtteil“, so das Urteil der empörten Anwohner.
Die Unterzeichner des Protestschreibens verweisen auf die Kriminalitätsrate im Schöneberger Norden, 2019 die höchste im ganzen Bezirk. Die Verfasser des offenen Briefs erinnern an die Böller mit teilweise lebensgefährlicher Sprengkraft, die zu den Jahreswechseln an der Ecke Potsdamer, Pallas- und Goebenstraße gezündet werden, und an die jungen Krawalleure, für die der Schöneberger Norden einen „Nimbus“ habe. „Wir Anwohnerinnen und Anwohner sind entsetzt über die Aussicht, demnächst ein Waffengeschäft in unserer Nachbarschaft zu haben.“ Bei der Berliner Polizei versteht man die Sorge der Anwohner „durchweg“, so eine Sprecherin; auch wenn es statistisch keinen Beleg dafür gebe, dass das Vorhandensein eines Waffengeschäfts die Kriminalität im Umfeld erhöhe.
Peter Pulm vom Quartiersmanagement Schöneberger Norden hält fest, dass man sich im Einvernehmen mit dem Bezirksamt klar gegen die Ansiedlung eines Waffengeschäfts ausspreche. Gewaltprävention sei von Anfang an ein Arbeitsschwerpunkt des Quartiersmanagements gewesen. Dazu seien in der Vergangenheit gemeinsam mit Partnern im Quartier, mit dem Bezirksamt und dem Präventionsteam der Polizei eine große Zahl entsprechender Projekte durchgeführt worden. „Dass es in einer Phase, in der sich das Quartiersmanagement behutsam aus dem Stadtteil zurückzieht, möglich ist, eine Gewerbeeinheit zu mieten, um Waffen zu verkaufen, ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt Peter Pulm.
„Ich sehe ein solches Geschäft in der Potsdamer Straße äußerst kritisch“, sagt dazu Ordnungsstadträtin Christiane Heiß (Grüne). Allerdings hätten ihre Mitarbeiter das Geschäft nicht verhindern können. Der Waffenhandel unterliege der Kontrolle durch das Landeskriminalamt. Das Ordnungsamt nehme die Gewerbeanmeldung lediglich entgegen, erläutert die Stadträtin.
Die Gewobag hat auf den Protest schnell reagiert. „Wir haben sofortige Maßnahmen eingeleitet“, erklärt Sprecherin Anne Grubert auf Nachfrage der Berliner Woche. Es gibt ein persönliches Gespräch mit dem Mieter. Denn, so Grubert: „Wir hatten beim Vermietungsstart am 1. Februar keinerlei Kenntnis über die Nutzung unserer Gewerbefläche als Waffengeschäft und sind hier getäuscht worden.“ Vermietet habe man den Laden als „Showroom für Sicherheitsartikel“. „Wir sind selbst von der Auslage des Geschäfts überrascht worden und distanzieren uns hiervon vollständig“, sagt Grubert. Die Sprecherin unterstreicht die soziale Verantwortung, die die Gewobag für die Stadt habe, und das Engagement des städtischen Wohnungsunternehmens „für eine aktive Nachbarschaft, für bürgerschaftliches Engagement und für Integration“. „Selbstverständlich weisen wir die Unterstützung derartiger Geschäfte und Einrichtungen streng von uns. Den entstandenen Eindruck bedauern wir sehr“, sagt Gewobag-Sprecherin Grubert.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.