Aus Abwärme wird Heizwärme
Das Pallasseum wird bald mit Fernwärme aus der Nachbarschaft versorgt
Premiere für Berlin: Der erste große Wohnkomplex, das Schöneberger Pallasseum, soll ab Herbst 2025 mit Abwärme aus einem benachbarten Rechenzentrum geheizt werden. Dabei ziehen mehrere Partner an einem Strang.
In der Winterfeldstraße 21 hat der IT- Netzknoten der PASM, Tochterunternehmen der Telekom, ihren Sitz. Die Abwärme aus den Serverräumen wird bisher ungenutzt nach draußen geleitet. Nun sollen mit Ökostrom angetriebene Wärmepumpen die Abluft von rund 28 auf 75 Grad Celsius erhitzen. Ein Wärmetauscher überträgt die thermische Energie dann auf Wasser, das über eine unterirdische Trasse zum 140 Meter entfernten Pallasseum geleitet wird. Dort gibt es mehr als 500 Wohnungen, verwaltet von der Gewobag. Etwa 65 Prozent des Wärmebedarfs können über die Abwärme des Rechenzentrums gedeckt werden. Für Heiz-Spitzenzeiten stehen moderne Gaskessel bereit.
Eine perfekte Lösung für den Bau aus den 1970er-Jahren, findet Matthias Trunk vom Gasag-Vorstand. Denn das Ensemble, das die Pallasstraße überspannt, steht unter Denkmalschutz. Das bedeutet: Bauliche Veränderungen bedürfen immer einer Genehmigung. Doch die sind bei dem neuen Energiekonzept nicht nötig.
Das Ganze ist im Prinzip nicht sehr kompliziert. „Keine Raketentechnik“, wie Matthias Prennig von der Gasag Solution GmbH sagt, der das Projekt mitentwickelt hat. Schwieriger sei es gewesen, die drei Beteiligten – die Telekom, die Gasag und die Gewobag – an einen Tisch zu bekommen. Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) hält das Pilotprojekt für „ein Paradebeispiel für eine mögliche Win-win-Situation“. Denn nicht nur die Haushalte im Pallasseum profitierten von grüner und voraussichtlich preisstabiler Wärme. Auch die rund 20 großen Rechenzentren in der Stadt müssten umdenken.
Denn bereits seit Ende 2023 fordert das Energieeffizienzgesetz, Abwärme nicht einfach verpuffen zu lassen. Zudem tritt 2026 das europäische Gebäudeenergiegesetz in Kraft. Dann müssen neue Rechenzentren konkret nachweisen, dass sie einen bestimmten Prozentsatz ihrer Abwärme weiternutzen. Das Potenzial ist groß: Der Digitalverband bitcom hat ausgerechnet, dass mit der Abwärme aller deutschen Rechenzentren rund 350.000 Wohnungen versorgt werden könnten. Das entspricht in etwa einer Stadt wie Bremen.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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