Bildungsnetz Heerstraße Nord bekam Kita-Preis überreicht
Engmaschige Hilfe

Akteure des Bildungsnetz Heerstraße Nord zusammen mit Politikvertretern bei der Preisübergabe. | Foto: Thomas Frey
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Großer Bahnhof im Garten des Stadtteilzentrums an der Obstallee. Sogar Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) war am 25. September angereist. Ebenso wie Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres. Kürzer war der Weg für Bürgermeister Helmut Kleebank und Stadtrat Stephan Machulik, unter anderem zuständig für Jugend (alle ebenfalls SPD).

Anlass war die Verleihung des Deutschen Kita-Preises 2020 an das Bildungsnetz Heerstraße Nord. In der Kategorie „Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres“ gehörte es zu den vier Zweitplatzierten des bundesweiten Wettbewerbs. Neben Urkunde und Medaillen gab es für diesen Erfolg 10 000 Euro Preisgeld. Normalerweise findet die Übergabe im großen Rahmen bei einer Festveranstaltung statt. Was in diesem Jahr aber aus nahe liegenden Gründen nicht möglich war. Deshalb gibt es die Auszeichnungen jetzt vor Ort. Wahrscheinlich ist dabei aber nicht bei jeder die Bundesministerin persönlich anwesend.

Giffey: „Damit jedes Kind es packen kann“

An der Obstallee vermittelte Franziska Giffey den Eindruck, gerade dieser Termin sei ihr besonders wichtig. Polit-professionell unterfüttert hat sie dies mit dem Hinweis, einige Akteure hier wären ihr bereits bei anderen Anlässen begegnet. Und nicht zuletzt, weil sie hier ein Netzwerk am Werk sieht, dass sich um Chancengleichheit bemüht, Defizite und schwierige Ausgangspositionen abzubauen versucht. „Damit jedes Kind es packen kann“, wie die Ministerin formulierte.

Das ist nicht immer einfach. Die Heerstraße Nord gehört zu den sogenannten sozialen Brennpunkten. 70 Prozent der Kinder leben in Familien, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Es gibt Sprach- und weitere Barrieren, teilweise auch Verwahrlosung. Plastisch schilderte das der Kinderarzt Wilhelm Geilen anhand seiner Erfahrungen bei den Schuleingangsuntersuchungen. Sein bisher härtester Fall: Ein fünfjähriges Mädchen, das im Buggy zu diesem Termin geschoben wurde. Es konnte kaum laufen, kaum sprechen, war wahrscheinlich noch nie bei einem Zahnarzt. Und hatte natürlich auch keine Kita besucht.

Hilfe beim Kindergeldantrag
oder dem Kochen

Nicht nur gegen solche Extrembeispiele arbeitet das Netzwerk an. Indem es Hilfe, Unterstützung, Beratung schon vor und erst recht nach der Geburt anbietet. Eigentlich sogar noch viel früher. Denn auch Aufklärung über Verhütungsmethoden gehört dazu. Es geht dabei vor allem um ganz praktisches Bewältigen vieler Anforderungen und Herausforderungen. Von Anträgen für Kindergeld über günstigen Möglichkeiten an Bekleidung oder Mobiliar zu kommen, Kochrezepte, Strukturieren des Alltags. Mit zunehmendem Alter werden auch die Kinder direkte Zielgruppe. Etwa in einer „Familienwohnung“, die am Blasewitzer Ring eingerichtet wurde. Ein Ort, wo gespielt und gebastelt wird, Hausaufgaben gemacht werden können.

Das und noch mehr ist angelegt als möglichst engmaschiges Netz, das in vielen Lebenslagen zumindest den Sturz ins Bodenlose vermeiden soll. Gleichzeitig animiert es dazu, dass sich die Menschen untereinander vernetzen. So bildete sich etwa ein Bildungsnetz bestehend aus vielen Trägern, Vereinen, Organisationen und den Kitas und Schulen im Quartier.

Es fehlt an Planbarkeit

Dessen, wie es in der Begründung der Jury heißt „unbeirrbares Engagement“ in einem nicht einfachen Umfeld, war ein wichtiger Grund für die Würdigung mit dem Kita-Preis. Ebenso, wie der ganzheitliche Ansatz, der Familien Hilfe zur Selbsthilfe biete. Und nicht zuletzt wegen der relativen Stabilität, die das Netzwerk kennzeichne. Und das trotz fehlender nachhaltiger Planbarkeit aufgrund der wiederholten Projektförderung.

Was damit gemeint ist machten einige Akteurinnen vor allem am Beispiel der Kita-Sozialarbeit deutlich. Ein wichtiges Begleitprogramm zum und beim Besuch einer Tagesstätte, stellten sie heraus. Bisher aber nicht institutionell und damit finanziell abgesichert. Was sich ändern müsse, fand auch Stadtrat Machulik, der sich bei diesem Thema nach eigener Einschätzung „vom Saulus zum Paulus“ gewandelt habe.

Kitaplatzausbau bleibt weiter Schwerpunkt

Franziska Giffey und Sandra Scheeres haben diesen Appell natürlich nicht überhört. Legten ihre Schwerpunkte aber auf den weiter forcierten Ausbau der Kitaplätze. Sie werde gerade hier nicht nachlassen, versicherte die Bildungssenatorin. Sozusagen der erste Schritt um allen ohne Probleme ein solches Angebot zu ermöglichen. Die Erfahrungen in der Heerstraße Nord zeigen aber, dass das allein oft nicht ausreicht.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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