Totalschaden für eine Tradition? Keine Genehmigung für den Festumzug in Staaken
Staaken. Was das Rheinland kann, kann die Gartenstadt Staaken auch – nur bei angenehmeren Temperaturen: Höhepunkt eines mehrtätigen Kinder- und Volksfestes ist dort alljährlich ein großer Straßenumzug. Geplant ist der nächste Tross für den 28. Mai. Aktuell fehlt aber noch die Genehmigung der Verkehrslenkung Berlin (VLB), weshalb die Tradition auf der Kippe steht.
Bonbons fliegen, Luftballons und Papierschlangen schmücken die Fassaden. Menschen in Kostümen flanieren durch die Gassen – begleitet von Spielmannszügen. Zuschauer klatschen am Straßenrand: Wenn sich alljährlich am Himmelfahrtswochenende ein bunter Tross mit mehr als hundert Teilnehmern kreuz und quer durch die Gartenstadt schlängelt, erinnert das durchaus an Karneval. „Schon lange vorher wird an den Kostümen genäht“, erzählt Uwe Holländer. „Besonders für die Kinder ist es ein Riesenspaß, verkleidet an ihren Elternhäusern vorbei zu laufen und dabei Oma und Opa am Fenster zu winken.“ Holländer ist Vorsitzender des Unterstützungsvereins Gartenstadt Staaken. Und der wiederum veranstaltet den Umzug – seit nunmehr 67 Jahren.
Wie lange noch, ist derzeit ungewiss. Bislang fehlt für den Festzug mit der traditionellen Strecke im zweiten Jahr in Folge die Genehmigung. Bereits 2016 mussten sich die Gartenstädter mit einer extrem abgespeckten Version begnügen. „Normalerweise dauert unser Zug mindestens eineinhalb Stunden“, sagt Holländer. „Im vorigen Jahr haben wir es mit Mühe auf 20 Minuten gebracht.“ Grund für die fehlende Erlaubnis, die übliche Route zu benutzen, sind die Bauarbeiten im Seegefelder Weg – und die daraus resultierende, halbseitige Sperrung der Straße. Die Umleitung führt mitten durch die Gartenstadt, über den Finkenkruger Weg und den Torweg. Beide sind fester und wichtiger Teil der ursprünglichen Strecke – gelten nun aber als Vorfahrtstraßen. Weshalb die zuständige Verkehrslenkung Berlin (VLB) den Festumzug dort nicht gestatten will. Die VLB hat lediglich signalisiert, dass eine Notversion à la 2016 möglich ist.
„Das wäre der Totalschaden für unsere Tradition“, sagt Uwe Holländer. „Für 20 Minuten lohnt sich doch der ganze Aufwand nicht, und dafür kommen auch keine Kapellen und Vereine extra nach Staaken.“ 15 Musikgruppen hat der Vereinsvorsitzende in diesem Jahr mit der Bitte um Teilnahme angeschrieben, wegen der unsicheren Situation und der Erfahrungen vom Vorjahr haben nur fünf zugesagt.
Was die Gartenstädter besonders wurmt: Ähnliche Veranstaltungen im Bezirk und in der Stadt führen durchaus über Vorfahrtstraßen. „Für den Ausmarsch der Spandauer Schützengilde wird die ganze Neuendorfer Straße gesperrt, für den Lauf der Sympathie die Falkenseer Chaussee. Auch der Halbmarathon findet auf Hauptstraßen statt.“ Dagegen seien die zu erwartenden Beeinträchtigungen für BVG und Individualverkehr an einem Sonntagnachmittag in Staaken kaum der Rede wert, findet Holländer. „Außerdem stellen wir jedes Jahr Streckenposten, damit es gar nicht erst zu Problemen kommt.“
Das Bezirksamt kann nichts tun, der Petitionsausschuss schweigt
Bei den Spandauer Bezirkspolitikern hat der Unterstützungsverein bereits angeklopft und um Hilfe gebeten – worauf die CDU-Fraktion Ende März einen Dringlichkeitsantrag in der Bezirksverordnetenversammlung stellte, den die anderen Fraktionen absegneten. Damit erhielt das Bezirksamt den Auftrag, sich für den Umzug in seiner vollständigen Form einzusetzen. „Jeder Staakener wird Verständnis dafür haben, wenn einzelne Straßen für den Festumzug für kurze Zeit blockiert sind“, so der Wahlkreisabgeordnete Heiko Melzer (CDU). Weil die Entscheidung der VLB obliegt, hat das Bezirksamt aber kaum Handhabe. Auch an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses hat der Vereinsvorstand geschrieben, bislang aber keine Antwort erhalten.
Die Verkehrslenkung vertröstet den Verein in einem Schreiben aufs kommende Jahr. 2018 würden die Bauarbeiten im Seegefelder Weg beendet sein, eine Sondergenehmigung für den Finkenkruger Weg wäre dann auch wieder denkbar. „Von wegen“, sagt der Vorsitzende. „Das hat man uns im vorigen Jahr auch schon versprochen. Es kommen aber weitere Bauabschnitte – und so wie das hier vorangeht, kann’s noch Jahre dauern. Dann war’s das für unseren Umzug.“
Kurz vor Redaktionsschluss erreichte den Unterstützungsverein eine Nachricht, die Uwe Holländer und die Gartenstädter nun doch ein wenig hoffen lässt: Noch in dieser Woche wollen sich die Beteiligten – also Vertreter von VLB, BVG, Verein, Polizei und Ordnungsamt – im Rathaus Spandau an einen runden Tisch setzen, um eine für alle akzeptable Lösung zu finden. Was dabei herauskommt, bleibt abzuwarten. bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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