Viktor Weber ist neuer Pfarrer der Gemeinde zu Staaken
"Immer nah am Menschen"
Die evangelische Kirchengemeinde zu Staaken hat einen neuen Pfarrer: Anfang März hat Viktor Weber das Pfarrbüro der Dorfkirche Alt-Staaken bezogen. Seinen Beruf beschreibt der 38-Jährige als „sehr erfüllend und motivierend“.
Es gibt einen Satz, den Viktor Weber öfter hört. „Was, Sie sind Pfarrer? So sehen Sie gar nicht aus.“ Wie denn ein Pfarrer aussieht, fragt er dann zurück. Einmal hat ihn eine Frau in der U-Bahn einen Hipster genannt. Weil er so eine szenetypische Strickmütze trug. „Ich, der Hipster von Spandau.“ Viktor Weber lacht. „In Clubs gehe ich schon mal als 28-Jähriger durch, aber für einen Hipster hat mich noch keiner gehalten.“ Bodenständig und pragmatisch sind zwei Zuschreibungen, denen Viktor Weber dagegen nicht widerspricht. „Sich engagieren, ohne zu vereinnahmen, immer nah am Menschen“, so will er es als Pfarrer halten. Kirche ist für ihn ganz ohne Zweifel „ein Ort der Freiheit, offen für alle“, ein Zentrum des Glaubens, nicht losgelöst von dem, was in der Gesellschaft passiert. „Jeder Einzelne in seiner ganz persönlichen Beziehung zu Gott ist das Entscheidende.“
Zunächst als Wirtschaftsprüfer aktiv
Viktor Weber ist in Kasachstan in einem evangelisch-religiösem Elternhaus geboren. Als er acht Jahre alt ist, ziehen seine Eltern, die deutsche Vorfahren haben, in den Schwarzwald. In Villingen-Schwenningen studiert er zunächst Betriebswirtschaftslehre, und arbeitet dann als Wirtschaftsprüfer in einem Unternehmen in Frankfurt am Main. Seine berufliche Perspektive ist ausgezeichnet. Aber Viktor Weber spürt, dass ihm das Religiöse wichtiger ist. „In Gesprächen mit meinen Arbeitskollegen ging es immer um Gott und die Welt.“ Auch privat engagiert er sich in Gemeinden. Eltern und Freunde fragen ihn schließlich, ob er in der Theologie nicht besser aufgehoben sei. Er kündigt seinen Job und beginnt in Heidelberg Theologie zu studieren.
Ein Freund rät ihm dann, nach dem Grundstudium für ein Semester nach Berlin zu gehen. Weil es dort so spannend ist. So kommt der junge Mann vor neun Jahren in die Hauptstadt – und bleibt. Er studiert an der Humboldt-Uni weiter und macht dort seinen Abschluss. „Vom ersten bis zum letzten Semester war das Studium der Theologie die reinste Extase für mich“, sagt Weber. Er bekommt ein ganz neues Verständnis von der Bibel, nimmt sie nicht mehr wortwörtlich, sondern philosophisch. „So bin ich in meinem Denken viel weltoffener und moderner geworden und weniger fundamentalistisch“ Jetzt geht es nicht zuerst um Gott, sondern um den Menschen und seine Fragen nach dem Woher und Wohin.
Sehr herzlicher Empfang
durch die Spandauer
Nach seinem Vikariat bei der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz wird Viktor Weber Anfang März als zusätzlicher Pfarrer in die Kirchengemeinde zu Staaken entsendet. Seine offizielle Ordination findet am 24. März in der St. Marienkirche in Mitte statt. In Staaken bleibt er jetzt erst einmal bis Ende August. Sehr herzlich hätten ihn die Spandauer empfangen, sagt Viktor Weber, der seinen Arbeitstag morgens um halb sieben mit einem Kaffee, einer Zeitung und dem Deutschlandfunk beginnt. Zu den klassischen Aufgaben eines evangelischen Pfarrers gehören auch in Staaken die Gottesdienste, Taufen, Bestattungen, Seelsorgegespräche und der Konfirmantenunterricht.
Wie in vielen anderen Gemeinden ist auch sein Publikum in den Gottesdiensten zum Großteil schon älter. In 20 Jahren werden viele davon bereits verstorben sein. Lohnt sich da der Pfarrberuf eigentlich noch? „Auf jeden Fall“, sagt Viktor Weber. „Denn es kommen auch immer wieder neue Leute nach, sowohl junge als auch ältere.“ Gerade die Familiengottesdienste seien überdurchschnittlich gut besucht. Wichtig ist ihm, die Gottesdienste attraktiv zu gestalten. „Es muss nicht nur der Gottesdienst sonntags um zehn Uhr mit Orgel sein. Warum nicht auch freitags um 18 Uhr für Jugendliche?“ Die Kirche sei schließlich ein offener, einladender Ort. „Diesen Anspruch will ich sichtbar machen, dass wir hier den Gemeinschaftsgedanken praktizieren, getreu der biblischen Nächstenliebe.“
Gitarre spielen, joggen und twittern
Klar, es gibt auch Momente, in denen er zweifelt, sagt Viktor Weber. „Aber ich zweifle nicht an Gott, sondern an meiner Vorstellung von Gott, die ja nur die Summe meiner bisherigen Erfahrungen ist.“ Dass er Pfarrer geworden ist, bereut er nicht. „Es ist ein toller Beruf, bunt, lebendig, sehr erfüllend und motivierend. Und er gibt mir jeden Tag das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.“ Privat ist Viktor Weber verheiratet, mit einer Journalistin. Seine Frau hat er beim Salsa kennengelernt. Wenn er nicht in der Kirche ist, spielt er Gitarre, joggt oder twittert. Manchmal trifft man ihn auch in einem Berliner Techno-Club. Viktor Weber ist eben ein Pfarrer mitten im modernen Leben.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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