Wo der Westen Osten war
Beauftragter zur Aufarbeitung der DDR-Diktatur lädt ein zu Führungen und Gespräch
Welche Spuren hat das Leben in der geteilten Stadt hinterlassen, wie hat die Mauer den Alltag in den Stadtvierteln bestimmt? Diesen Fragen geht die Veranstaltungsreihe „Mein Kiez – Geschichte(n) des geteilten Berlin“ nach. Das Spandauer Volksblatt und die Berliner Woche sind dabei Medienpartner.
Die Vor-Ort-Termine 2023 finden im Mai dort statt, wo es dazu besonders viel zu erzählen gibt – in Staaken. Der Ortsteil war in den Jahren der Teilung auch ein geteilter Ortsteil. Der alte Dorfkern, West-Staaken, gehörte zur DDR. Was östlich der Bergstraße, des Nennhauser Damms und des Finkenkruger Wegs lag, verblieb beim Bezirk Spandau und damit bei West-Berlin.
Der Grund dafür war ein Gebietsaustausch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zwischen der britischen und der sowjetischen Siegermacht. Der Bezirk Spandau war Teil des britischen Sektors von Berlin. Dort gab es zwei Flugplätze: Gatow und Staaken. Die Sowjetunion hatte dagegen keinen Flugplatz in ihrem Sektor. Die Briten behielten Gatow und bekamen dort weitere Flächen, die bisher nicht zu Berlin gehörten, den sogenannten Seeburger Zipfel sowie Teile von Groß Glienicke. Dafür ging der Flugplatz Staaken an die Sowjetunion. Auch er lag nicht vollständig auf Berliner Stadtgebiet. Teil des Austauschs war auch die Umgebung des Flugplatzes, also West-Staaken.
Folgenreiche Konsequenzen hatte der Gebietsaustausch im Verlauf der sich zuspitzenden Konfrontation zwischen der Sowjetunion und den drei Westmächten. 1951 besetzte die DDR-Volkspolizei West-Staaken. Nach dem Mauerbau am 13. August 1961 war das Gebiet endgültig vom restlichen Staaken abgetrennt. Erst der Fall der Mauer 1989 änderte das wieder.
Und in dem im Jahr 1990 geschlossenen Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR wurde die Wiedervereinigung von Staaken durch die Rückkehr von West-Staaken zum Bezirk Spandau und damit nach Berlin festgeschrieben. Die Zeit der Teilung ist bis heute in Staaken präsent. Erst Ende März bei der 750-Jahrfeier des Ortsteils wurde daran erinnert.
In der Veranstaltungsreihe „Mein Kiez – Geschichte(n) des geteilten Berlin“ des Berliner Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur werden diese Erfahrungen noch einmal vertieft. Die Reihe startete im vergangenen Jahr in Lichtenberg und Prenzlauer Berg und wird jetzt in Staaken fortgesetzt. Dazu gibt es drei Spaziergänge unter dem Titel „Staaken – wo der geografische Westen zum politischen Osten wurde“, die von Christian Fessel, dem „Mann mit Hut-Touren“, angeboten werden. Sie finden jeweils am Donnerstag, 4. Mai, ab 17 Uhr, und 11. Mai, ab 15 Uhr sowie am Sonnabend, 13. Mai, um 10 Uhr, statt. Treffpunkt ist jeweils an der Bushaltestelle Heidebergplan.
An die Führung am Donnerstag, 11. Mai, schließt sich ab 18 Uhr ein Kiezgespräch in der Alten Dorfkirche, Hauptstraße 12, an. Auf dem Podium sitzen die Historikerin Dr. Sarah Bornhorst, Peter Radziwill, Pfarrer im Ruhestand und letzter Bürgermeister von West-Staaken sowie Monika Seliger, eine Zeitzeugin aus Ost-Staaken. Moderiert wird die Veranstaltung von Annika Gläser, Mitarbeiterin beim Berliner Aufarbeitungsbeauftragten. Kooperationspartner sind die Evangelische Kirchengemeinde Staaken und der Gemeinwesenverein Heerstraße Nord.
Die Teilnahme an allen Veranstaltungen der Themenreihe ist kostenlos. Anmeldungen sind jedoch jeweils per E-Mail notwendig: veranstaltungen@aufarbeitung-berlin.de.
Weitere Informationen zur Veranstaltungreihe „Mein Kiez“ gibt es auf www.berlin.de/aufarbeitung/mein-kiez/.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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