Ein buntes Haus als Rettung: Junger Staakener übernahm Verantwortung und ließ kriminelle Vergangenheit hinter sich

Angelika Bier im Gespräch mit Alper. | Foto: Marco Paetzel
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Staaken. Er wuchs in der Erna-Sack-Straße in West-Staaken auf. In der Gegend an der Heerstraße galt das Recht des Stärkeren. „Das war echt ein Ghetto. Ich habe viel Mist gebaut, damit ich Geschichten erzählen konnte“, sagt Alper beim Besuch in Jona’s Haus.

Er stahl, zog Leute ab, schlug sich auf offener Straße. Zwei seiner Freunde starben bei Auseinandersetzungen mit anderen Gangs. Die Wende kam Anfang 2007. Ein Kumpel brachte Alper mit in Jona’s Haus. „Meine Welt da draußen war grau, hier ist alles bunt und schön.“

Der Junge mit türkischen Wurzeln übernahm zum ersten Mal Verantwortung für andere, arbeitete mit Unterbrechungen jahrelang als Betreuer in dem Jugendhaus. Heute hat er sein Leben umgekrempelt, Alper hat Ausbildungen zum Sozialassistenten und Erzieher in der Tasche. „Ohne das Haus hätte ich das niemals geschafft“, sagt der heute 31-Jährige.

40 bis 75 Kids kommen jeden Nachmittag

Er sitzt in der Werkstatt des Hauses, plötzlich knallt ein Basketball gegen die Scheibe. Draußen werfen Kinder und Jugendliche noch ein paar Körbe. Es ist eben immer Leben in der Bude. Jona’s Haus ist jeden Tag für Kinder und Jugendliche geöffnet. „Und die Scheiben müssen wir öfter mal wechseln“, sagt Leiterin Angelika Bier und lacht. Mit Alper verbindet sie eine enge Beziehung. Der junge Mann ist ein Vorbild für die Kinder und Jugendlichen, die das Haus regelmäßig besuchen. Zwischen 40 und 75 von ihnen kommen an den Nachmittagen ins Haus, die meisten aus dem sozialen Brennpunkt West-Staaken. Hier ist die Arbeitslosigkeit hoch, die Hoffnung auf ein besseres Leben klein. Die Jugendlichen wollen es schaffen, genau wie Alper.

Es gibt ein warmes Essen und Hausaufgabenhilfe

In Jona’s Haus, das Angelika Bier 2006 mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann Jürgen herrichtete, werden sie gefördert. Es gibt Bastelräume, Küche, Musikzimmer, Kletterlandschaft & Co. Draußen im Garten sind eine Fahrradstrecke, ein Sportplatz und Beete. Dort können die jungen Besucher Blumen oder Gemüse anbauen. Ein warmes Mittagessen oder Hausaufgabenhilfe bekommen sie ebenfalls im Haus, das von der christlichen Stiftung Jona getragen wird. Auch Grundschüler – mehr als 3000 im Jahr - und Vorschulkinder kommen hierher, zudem gehen Mitarbeiter in Klassen und Schulen und schulen die Kinder im Umgang mit digitalen Medien. Auch Flüchtlingskinder – mit oder ohne Eltern – finden in Jona’s Haus Hilfe. „Wir wollen den Kindern einen Ort geben, wo sie offene Ohren, große Herzen und helfende Hände finden“, erklärt Angelika Bier. Menschen ohne Bildung seien Menschen ohne Perspektive, dagegen setze das Haus seine Bildungsangebote. „Die Kinder hängen hier nicht ab, sondern lernen immer etwas.“ Auch Sozialkompetenz werde geschult. „Egal ob sie sich gegenseitig an der Kletterwand sichern müssen oder bei einem Theaterspiel zusammen auf der Bühne stehen.“

Alper hat mittlerweile einen festen Job als Sozialarbeiter in einem Neuköllner Jugendklub und lebt in Friedrichshain, doch mit Angelika Bier telefoniert er immer noch regelmäßig. „Wenn Not am Mann ist“, so der Erzieher, „kann sie immer auf mich zählen.“Marco Paetzel

Autor:

Marco Paetzel aus Wilhelmstadt

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