Die Birkbuschstraße war Terroristenstützpunkt, Schokoladenfabrik und Bauhaus-Standort
Sie macht als Straße nicht viel her, hat kaum Geschäfte und als wichtige Verbindung vom Rathaus Steglitz zur Siemensstraße in Lankwitz viel Verkehr. Aber sie hat eine lange Geschichte: die Birkbuschstraße gehört zu den ältesten Straßen im Bezirk und hat als solche viel Interessantes zu erzählen.
Der Name Birkbuschstraße ist erstmals seit den späten 1870er-Jahren nachweisbar. Zuvor war nur von der „nach Lichterfelde führenden Chaussee“ die Rede. Der Name „Birkbusch“ geht auf den Namen eines Vorwerks und einer Schäferei zurück, die zum Gut Steglitz gehörten. Das Gelände wurde erstmals 1608 urkundlich als „Birckenbusch“ erwähnt.
Die Birkbuschstraße ist seit jeher eine wichtige Verkehrsverbindung. Unter anderem fuhr hier die Straßenbahn. 1912 wurde die Linie, die ab 1905 vom Rathaus Steglitz bis zum Rand des Grunewalds fuhr, bis zur Birkbuschstraße, Ecke Siemensstraße verlängert. Mit einigen Unterbrechungen durch den Krieg verkehrten die Linien 40 von Dahlem, Clayallee bis Birkbuschstraße und 44 von Moabit, Invalidenstraße bis Birkbuschstraße. 1963 wurde der Fahrbetrieb eingestellt und die Gleise stillgelegt.
Dass einst die „Elektrische“ durch die Birkbuschstraße zuckelte, ist heute nicht mehr erkennbar. „Vielleicht liegen unter dem Asphalt noch Gleise“, sagt Olaf Schlunke. Der Historiker ist in der Birkbuschstraße aufgewachsen und weiß, wo geschichtsträchtige Gebäude, Ereignisse oder Personen ihre Spuren hinterlassen haben. So kann er sich noch gut, wenn auch nicht besonders gern, an die Schokoladenfabrik der Firma ADM Kakaoerzeugnisse erinnern, die bis Oktober 2000 in der Birkbuschstraße 54 ihren Sitz hatte. „Der bisweilen penetrante Schokoladengeruch gehörte zu den prägenden olfaktorischen Wahrnehmungen meiner Kinder- und Jugendzeit“, so Schlunke. Heute steht auf dem ehemaligen Fabrikgelände eine Lidl-Filiale.
Gegenüber, Hausnummern 40-44, lieferte ab 1910 das Kraftwerk Steglitz Energie für die Gemeinde Steglitz und für die Straßenbahn. Mit der Bildung von Groß-Berlin übernahm 1920 die Bewag das Werk und ließ wegen des erhöhten Strombedarfs das Umspannwerk bauen.
In unmittelbarer Nähe, in der Ladenwohnung von „Feinkost-Schöne“, Birkbuschstraße 48, befand sich 1975 der Hauptstützpunkt der Entführer des Berliner CDU-Landesvorsitzenden Peter Lorenz. Hier hatten die Terroristen der Bewegung 2. Juni ein Munitionslager. Später konnte die Polizei persönliche Gegenstände von Lorenz in der Ladenwohnung sicherstellen. „Festgehalten wurde Lorenz aber nicht hier, sondern in der Schenkendorfstraße in Kreuzberg“, weiß Schlunke.
Direkt gegenüber hielt sich für kurze Zeit Prominenz der Kunstszene auf. In der heutigen Nummer 49 hatte das Bauhaus seinen Sitz. Nach der Vertreibung aus Dessau ließ sich die von Walter Gropius gegründete Kunstschule hier nieder. Der Lehrbetrieb wurde unter der Leitung von Ludwig Mies van der Rohe am 3. Januar 1933 aufgenommen. Schon am 11. April desselben Jahres wurde das Bauhaus von Polizei und SA nach „kommunistischem Material“ durchsucht und mehrere, meist jüdische, Studenten wurden verhaftet. Das bedeutete das Aus für die Lehranstalt. In diesen Wochen lehrte unter anderem auch Wassily Kandinsky in der Birkbuschstraße. Gewohnt hat der expressionistische Künstler in der heutigen Buhrowstraße in Südende. In einem Brief schrieb er über den neuen Bauhaus-Standort: „an der Grenze von Steglitz und Lankwitz – eine hübsche Gegend“. Eine Berliner Gedenktafel informiert heute über den letzten Bauhaus-Standort.
Als prominenter Bewohner der Birkbuschstraße ist der expressionistische Maler Georg Tappert (1880 – 1957) bekannt. In der Hausnummer 64a hatte er ab 1924 Wohnung und Atelier. Das Haus wurde 1969 abgerissen.
Die Hausnummern 1 – 7 sucht man in der Birkbuschstraße übrigens vergebens. Nach der Entstehung des Wolfensteindammes verläuft die Birkbuschstraße nur bis zur Oberlinstraße. Vorher mündete sie direkt in die Schloßstraße.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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