Drei Kilo Musikgeschichte
Bernd Kistenmacher hält Geschichte der Berliner Schule für elektronische Musik in einem Buch fest

Bernd Kistenmacher hat ein Buch über die Geschichte der Berliner für elektronische Musik geschrieben.  | Foto:  K. Rabe
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Bernd Kistenmacher ist Jahrgang 1960 und hatte schon immer einen Draht zu „schräger“ Musik, wie er über sich selbst sagt. Als Zehnjähriger hörte er zum ersten Mal Pink Floyd und Kraftwerk. Er war fasziniert von deren elektronischer Musik, die seitdem sein Leben beeinflusste. Jetzt hat der Musiker ein Buch darüber geschrieben.

Sein Buch ist ein richtiges Schwergewicht. 3,2 Kilogramm schwer und fast 800 Seiten stark gibt es einen tiefgehenden Einblick in den Werdegang einer Musikrichtung, die Jahrzehnte nach dem Beginn ihrer Erfolgsgeschichte nun droht, in Vergessenheit zu geraten. Unter dem Titel „Ferne Ziele“ beschreibt Kistenmacher die Geschichte der Berliner Schule für elektronische Musik. Er erzählt die Geschichte dieser experimentellen Musik, indem er sich erinnert und Zeitzeugen in ausführlichen Gesprächen zu Wort kommen lässt.

Schon als Zehnjähriger war er von den Elektro-Klängen von Bands wie Pink Floyd, Tangerine Dream, Kraftwerk und Klaus Schulze fasziniert. Von seiner Liebe zur elektronischen Musik und dem Weg dorthin erzählt er im ersten Kapitel seines Buches. Er berichtet über seine Kindheit in Berlin-Wilmersdorf, über die ersten musikalischen Einflüsse, seine Begeisterung für elektronisch erzeugte Musik und schließlich seinen Entschluss, selbst ins Musikgeschäft einzusteigen. Er erinnert sich an seine ersten Synthesizer-Konzerte, das erste eigene Equipment, seine erste Platte – alles illustriert mit Fotos, Zeitungsausschnitten und anderen Dokumenten. Dieses Kapitel endet 1989, dem Jahr des Mauerfalls. Zu dieser Zeit erreicht die Karriere des Musikers ihren ersten Höhepunkt.

Mit Zeitzeugen im Gespräch

Im zweiten Kapitel des Buches kommen Zeitzeugen aus dem Umfeld der Berliner Schule zu Wort. Darunter sind bekannte Musiker wie die Berliner Legende Lutz „Lüül“ Graf-Ulbrich, Mitbegründer der Avantgarde-Rockgruppe Agitation Free, sowie Michael Hoenig, ebenfalls Mitglied bei Agitation Free. Zu Wort kommen neben vielen anderen Musikern der Szene auch Krautrocker Axel Genrich und Tangerine-Dream-Keyboarder Edgar Froese.

Einen Schwerpunkt im zweiten Teil des Buches nimmt auch das Electronic Beat Studio ein. Es galt als kreative Keimzelle für die Berliner Schule für elektronische Musik und befand sich von 1968 bis 1984 in den Kellerräumen der Pfalzburger Straße 30 in Wilmersdorf. Das Studio wurde vom Leiter des Berliner Barock-Orchesters, Konrad Latte, gegründet und von dem Schweizer Avantgardekomponisten Thomas Kessler aufgebaut und geleitet. Dort probten unter anderem Agitation Free und Tangerine Dream. Während der Arbeit an seinem Buch stellte Kistenmacher fest, dass heute kaum jemand weiß, was in den Kellerräumen einst passiert war. Die Idee für eine Gedenktafel entstand und wurde im Dezember 2020 umgesetzt.

Rückblick auf das eigene Leben

Für Bernd Kistenmacher gab es zwei Gründe, dieses Buch zu schreiben, erzählt er im Interview. Der erste war ein sehr persönlicher: Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2017 hielt er es an der Zeit, über sein Leben nachzudenken. Dabei sind Erinnerungen hochgekommen und Geschichten, die er erzählen wollte. „Meine eigene Biografie reichte aber nicht aus, ein Bild zu zeichnen von der Musik, die in dieser Stadt entstanden ist“, sagt er. Also hätte er sich auf eine Reise durch das West-Berlin jener Zeit begeben und damit begonnen, auch die Erlebnisse seiner Vorbilder aufzuarbeiten, mit ihnen zu sprechen und ihre Geschichten aufzuschreiben. „Es war eine spannende Reise, bei der ich viele meiner Heros von damals persönlich kennenlernen durfte.“

„Ferne Ziele“ ist eine Sammlung von Gesprächen mit Protagonisten der Berliner Schule, die es so umfangreich und ausführlich noch nicht gegeben hat. Entstanden ist kein Buch über die Musiker und Bands, sondern ein Buch mit ihnen.

Bernd Kistenmacher: Ferne Ziele – Die Geschichten über die Berliner Schule für elektronische Musik, 788 Seiten, 79 Euro, ISBN 978-3-00-075096-0, www.edition-mahlstrom.de.

Bernd Kistenmacher hat ein Buch über die Geschichte der Berliner für elektronische Musik geschrieben.  | Foto:  K. Rabe
Ferne Ziele heißt das 3,2 Kilo schwer Buch von Bernd Kistenmacher.  | Foto:  privat
Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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