Der Vater der Baum-Kobolde
Steglitz-Zehlendorf. Menschlich verfremdete Baumstümpfe ziehen seit einigen Wochen die Aufmerksamkeit von Passanten auf sich. In vielen Straßen freuen sich die Steglitzer über die Stubben mit Kulleraugen und lustiger Nase. Erschaffen hat sie Harald Kortmann
Der Ursteglitzer, 46 Jahre alt, und schon immer Aktionen im öffentlichen Raum zugeneigt. „Aktionismus war schon immer mein Ding – manchmal auch an der Grenze des Legalen“, sagt er lachend.
Über die Legalität seiner aktuellen Straßenkunst muss er sich keine Sorgen machen. Im Gegenteil. Überall sorgen sie für gute Laune. Niemand hat etwas gegen die freundlichen Gesellen am Straßenrand. Vor allem Kinder sind begeistert. "Sie geben den Stümpfen Namen und sagen ,Guten Tag' und spielen damit“, sagt Kortmann. Da passiere es schon mal, dass eine Nase kaputt geht. Er kann damit leben, denn böswillige Zerstörungen gibt es so gut wie nicht. Außerdem sind kaputte Nasen und Augen schnell wieder repariert.
Angefangen hat Kortmann mit seinen Baumgesichtern im Mai. „Genau am 23.“, erinnert er sich. Der erste Baumstumpf stand unmittelbar vor seiner Haustür in der Kniephofstraße. Der traurige Anblick störte ihn. So kam er auf die Idee, den Stamm freundlicher zu gestalten. Die Reaktionen waren derart positiv, dass er nach weiteren Baumresten im Kiez Feuerbach- und Bergstraße Ausschau hielt. Und plötzlich hatte der Aktionskünstler richtig viel zu tun. Rund 36 Bäume wurden hier in der näheren Vergangenheit abgeholzt und nur 16 neue nachgepflanzt.
„Anfangs war ich ausschließlich nachts unterwegs. Ich wusste ja nicht, ob das legal ist“, erklärt der 46-Jährige. Er konnte aber auch effektiver arbeiten. Am Tag würden ihn viele Menschen ansprechen. Das sei zwar sehr schön, aber nicht besonders effektiv.
Inzwischen hat er über 500 Baumgesichter im Bezirk gestaltet. Er kenne keinen weiteren Künstler, der so viele Objekte in einem Stadtgebiet angefertigt habe. „Tatsächlich wäre es mir aber am liebsten, dass alle meine Gesichter verschwinden und stattdessen junge gesunde Bäume gepflanzt werden“, stellt Harald Kortmann fest.
Auch ganz billig ist seine Aktionskunst nicht. Rund 3000 Euro hat er investiert. „Das geht richtig ins Geld“, sagt er. Allein eine Schraube kostet rund einen Euro. Normalerweise hätte er nach 150 Stämmen aufhören müssen, wenn er nicht von Thomas Jung, Inhaber eines Kaminholz-Handels, unterstützt würde. Hier arbeitet Kortmann und schneidet er sich aus Holzabfällen das Material für seine Baumgesichter zurecht.
Geht es nach Kortmann, so könnten die Baumgesichter auch noch farbig verziert werden. „Sie könnten noch mit Blumen oder Grün bepflanzen werden. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sie von Graffiti-Künstlern weiter kreativ gestaltet werden.“ Dann würden sie noch mehr auffallen und auf die schwindende Zahl von Straßenbäumen aufmerksam machen. Denn dort, wo die Stümpfe stehen bleiben, werden vorläufig keine neue Bäume gepflanzt. KM
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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