"Misery" als finstere Premiere im Schlosspark-Theater
Gerade hat der Bestsellerautor für seine Kitschromane um Romanheldin Misery einen Preis bekommen. Auf der Heimfahrt von der Preisverleihung passierts: Paul gerät in einen Schneesturm und landet im Straßengraben. Annie Wilkes rettet ihn vor dem Kältetod und nimmt den schwer Verletzten mit in ihr einsames Haus irgendwo im Nirgendwo. Ein schauriges Kammerspiel beginnt.
Die Krankenschwester Annie entpuppt sich als Pauls größter Fan. Wobei Fan hier im negativen Sinne des Wortes zu verstehen ist: fanatisch verehrt sie den Erschaffer ihrer Lieblingsheldin Misery. Als sie herausfindet, dass der Autor seine Romanheldin sterben lässt und damit die Misery-Serie beenden will, zeigt Annie ihre dunkle Seite. Sie zwingt den Autor, seinen neuen Roman zu verbrennen, mit dem er sich eigentlich als ernsthafter Schriftsteller etablieren wollte. Stattdessen nötigt Annie ihn, Misery wieder aufleben zu lassen und eine neue Fortsetzung des Romans zu schreiben.
Franziska Troegner gelingt ein beeindruckendes Psychogramm der geistesgestörten Ex-Krankenschwester, die bereits eine Karriere als Todesengel hinter sich hat. Ob kindlich naive Bewunderin ihres Lieblingsautors oder grausamen Furie - jede Seite der gestörten Persönlichkeit spielt Troegner mit einer Intensität, die dem Publikum eiskalte Schauer über den Rücken laufen lässt. Ganz klar zeigt Troegner alias Annie, wer in diesem Psychoduell die Macht hat. Böse, böse Annie.
Ein gutes Händchen hat auch Regisseur Thomas Schendel bei der Besetzung des Paul Sheldon bewiesen. Jörg Schüttauf lässt das Publikum seine Schmerzen regelrecht mitleiden. Ob im Bett liegend oder im Rollstuhl über die schwarze Bühne irrend, der Zuschauer spürt seine Panik vor Annie und ist erleichtert, wenn er mal die Oberhand gewinnt.
Denn am Ende schlüpft Paul immer wieder aus seiner Opferrolle. Er erpresst Annie seinerseits, in dem er droht, das neue und von ihr erzwungene Misery-Manuskript zu vernichten.
Der eiskalte Plot ist aber auch durchaus unterhaltsam. Neben aller Furchtbarkeit gibt es auch Szenen zum Schmunzeln, auch wenn einem im nächsten Moment das Lachen im Halse stecken bleibt. Mit "Misery" hat Thomas Schendel eine gelungene Inszenierung auf die Bühne gebracht, die dem Schlosspark-Theater eine neue, finstere Facette verleiht.
Daria Kornyshevas sorgt mit schwarzem Bühnenbild und der unheimlichen Beleuchtung für eine beklemmende Stimmung.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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