Ausstellung erinnert an den Ersten Weltkrieg
„Ob wir Steglitz jemals wiedersehen?“
„Wie wird alles enden? Mit dieser kurzen Ausbildung heraus ins Feld! - Ob wir Steglitz jemals wieder sehen, ich glaube es nicht...“ Diese Zeilen schreibt Georg Hobbing am 27. Februar 1915 an seine Eltern. In einer bemerkenswerten Ausstellung in der Markuskirche wird anhand seiner Feldpostbriefe an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren erinnert.
Hobbing lebte mit seinen Eltern und seiner Schwester in der Albrechtstraße 87, heute Ecke Lauenburgerstraße. Bei Kriegsausbruch war er 25 Jahre alt, Anfang 1915 kam er an die Ostfront. Hier blieb er mit Unterbrechungen auch bis zum Schluss. Im Osten tobte der Krieg bis zum 15. Dezember 1917.
In einem seiner ersten Feldpostbriefe schreibt er über den Ort seiner Stationierung: „Ostrowo ist eine kleine wenig reinliche Stadt, 10 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Vielleicht kannst du mir auch einmal eine Karte schicken, wir wissen nicht, wo wir eigentlich sind….“ Über die Versorgung der Soldaten ist zu erfahren: …. Das Essen ist: 1. Graupen, 2. Reis, 3. Erbsen, 4. Nudeln, 5. Gulasch usw. ad infinitum…… Brot empfangen wir alle 4 Tage ½ Stück. Penibel darf man tatsächlich nicht sein...“ Georg Hobbing wurde während des Ersten Weltkriegs verwundet.
Am 20. November heiratete er Erna Zilz. Die gemeinsamen drei Kinder kamen Anfang der 1920er-Jahre zur Welt. Hobbing war ausgebildeter Bibliothekar und übernahm 1938 bis 1953 die Leitung der Volksbücherei Steglitz in der Grunewaldstraße. Am 5. Dezember 1966 starb er in Berlin. Das Material zur Ausstellung stellten Dagmar Rossow, Sigrid Schönfelder, Linda Seebass und Michael Zwilling aus ihrem Fundus zur Verfügung. Sie waren in diesem Fall einem Aufruf in der Kirchenzeitung der Markusgemeinde gefolgt.
Neben den Auszügen aus Feldpostbriefen sind auch historische Postkarten aus dem Steglitz der damaligen Zeit zu sehen. Im damals noch sehr jungen Stadtbezirk war kaum etwas von den Materialschlachten des Krieges zu spüren. „Steglitz wirkt sauber und herausgeputzt“ heißt es in der Beschreibung der alten Fotos. Mit Fotos wird auch an das Lazarett erinnert, das im ehemaligen Parkrestaurant „Paresü“ am Bahnhof Südende mit 300 Betten eingerichtet wurde.
Einblick in den Alltag
In einer Vitrine sind zahlreiche Gegenstände aus Kriegsjahren zu sehen. Neben Zeitungsartikeln, Plakaten, Flugblättern, Fotos, Postkarten und Filmen wurden auch Alltagsgegenstände als Propagandamedium eingesetzt. Handwerksbetriebe stellten auf Kriegsproduktion um und produzierten unter anderem Porzellan, Schmuck, Spielzeug und Textilien mit kriegsverharmlosenden und -verherrlichenden Darstellungen. Als Beispiele sind zahlreiche solcher Gegenstände zu sehen. Michael Zwilling stellte sie aus seiner umfangreichen Sammlung zur Verfügung.
Die Ausstellung ist bis zum 22. Dezember in der Kapelle der Evangelischen Markuskirche, Karl-Stieler-Str. 8 A, Sa 10 bis 12 Uhr, So vor und nach dem Gottesdienst um 11 Uhr sowie in der Adventszeit wochentags von 16.30 bis 18.30 Uhr zu sehen.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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