Mit Kunst gegen den Plastikwahnsinn
Steglitzer Künstlerin fertigt Kunst aus Plastikmüll und macht auf weltweites Problem aufmerksam

Heike Krause in ihrem Flur. Die Regale an den Wänden sind voll mit Trash-Art.  | Foto: K. Rabe
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  • Heike Krause in ihrem Flur. Die Regale an den Wänden sind voll mit Trash-Art.
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Der Flur ihrer Steglitzer Altbauwohnung ist voll mit Müll. Was nicht despektierlich gemeint ist. Denn alles, was in den Regalen steht und an den Wänden hängt, sind kleine Kunstwerke. Dass Heike Krause die skurrilen Figuren, Collagen und Installationen aus Plastikmüll angefertigt hat, sieht man erst auf den zweiten Blick.

Heike Krause sammelt seit 2018 Plastikmüll an griechischen Stränden und in Berlins Straßen und macht daraus Kunstwerke. Mit ihrer Kunst möchte die Steglitzerin auf den wachsenden Plastikwahnsinn aufmerksam machen.

Engel und Teufel beim Kochen von Nurdles. Die winzigen Plastikteilchen sind die zweitgrößte Quelle der Mikroplastikverschmutzung.  | Foto: K. Rabe
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Gleich im Eingangsbereich fällt in dem wandhohen Flurregal ein besonders groteskes Pärchen ins Auge. Engel und Teufel tanzen um ein Feuer und rühren in einem Kessel. Der Engel sieht aus wie eine Kreation Frankensteins: Ein Pupppenkopf ohne Augen, der Körper ist zusammengestückelt aus verschiedenen Puppenarmen und -beinen. Alle Teile hat Krause an einem Strand der griechischen Insel Kefalonia gefunden. Auch der Teufel besteht aus verschiedenen Fundstücken: eine Farbrolle für den Körper, aus rostigen Nägeln wurden die Hörner und aus einer alten CD die Flügel. Die teuflische Kreation stammt von Dr. Morph!, einem niederländischen Streetart-Künstler. Das Kunstwerk ist ein Gemeinschaftswerk gegen den Plastikwahnsinn und heißt: „Hell’s Kitchen: Fallen Angel and Morph Devil cooking Nurdle Soup“. Die Künstler wollen auf das wachsende Problem durch Nurdles aufmerksam machen. Das sind kleine Plastikpellets, die in der Industrie zur Herstellung für fast alle Kunststoffprodukte verwendet werden. Nicht selten passiert es, dass diese Pellets versehentliche im Meer landen. Tausende Tonnen jährlich schädigen die Umwelt auf der ganzen Welt. Sie sind die zweitgrößte Quelle der Mikroplastikverschmutzung. Für Tiere zu Wasser und auch zu Land können die linsengroßen Plastikteilchen verheerende Auswirkungen haben, wenn sie etwa als Nahrung aufgenommen werden. „Das ist wirklich ein Wahnsinnsproblem, das leider kaum wahrgenommen wird“, sagt Heike Krause.

Heike Krause macht Kunst aus Plastikmüll.  | Foto:  K. Rabe
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Auch sie hat lange Zeit den Müll am Strand und im Meer gar nicht gesehen. Erst als sie damit anfing, Plastikmüll an den Meeresstränden zu sammeln und daraus Kunst zu machen, wurde ihr bewusst, in welchen Massen der Plastikmüll beispielsweise an die Strände gespült wird. „Vorher habe ich das gar nicht bemerkt. Ich fand die Strände ziemlich sauber“, sagt sie.

Nachdem sie aber ihr Bewusstsein geschärft hatte und sie gezielt nach Abfällen suchte, hat sie den Müll überall gesehen, gesammelt und daraus ihre „Trash-Figuren“ gemacht. Die Figuren entstehen oft gleich vor Ort. „Ich fotografiere sie dann in ihrer natürlichen Umgebung und stelle die Fotos ins Netz“, beschreibt sie ihre Arbeit. Ihre Urlaube in Griechenland sind auch immer so etwas wie Arbeitsurlaube. Es ist erschreckend, wie viele Dinge sie am Strand findet, die dort nicht hingehören. Das sind massenhaft Einwegfeuerzeuge und Flaschendeckel, Flipflops, Plastikspielzeug, Trinkhalme und Plastikbesteck, aber auch achtlos entsorgte Fischereigeräte wie Netze, Seile und Bojen. Manchmal liegen die Fundstücke noch einige Zeit ordentlich sortiert in Kartons und Behältern bei der Künstlerin zu Hause und warten auf eine passende Eingebung. „Manchmal habe ich aber auch gleich eine Idee im Kopf, wenn ich Sachen finde“, sagt Krause. Mitunter setzt sie die Strandmüllskulpturen an verschiedenen Orten aus und versieht sie mit einer Nachricht, die auf das Müllproblem aufmerksam macht und hofft, bei den Verursachern ein Umdenken zu erreichen.

Berlin Bingo ist eines der Kunstprojekte von Heike Krause.  | Foto: K. Rabe
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In jüngster Zeit sammelt Heike Krause zunehmend auch Plastikmüll in Berlin. Auch hier sind die Straßen, Parks und Anlagen voll davon. „Inzwischen sind viele Berliner Skulpturen und Bilder entstanden oder in Arbeit“, sagt sie. Eines ihrer aktuellen Projekte ist „Open your Eyes“. Dabei konnte jeder mitmachen und kleine Plastikmüllstücke mit Augen oder Gesichtern bemalen. Entstanden ist eine „Open-your-Eyes-Collage“ aus über 200 Teilen von mehr als 70 Teilnehmern. „Dieses Projekt hatte bereits positive Effekte, denn Schüler zweier Grundschulen beteiligten sich daran. Vorab beschäftigten sie sich mit dem Thema“, freut sich die Künstlerin. Denn genau das ist ihr Ziel: „Mit meinen Skulpturen und Aktionen möchte ich dazu beitragen, die Aufmerksamkeit auf die Plastikkrise zu lenken und den einen oder anderen dazu anregen, selbst aktiv zu werden“.

Die „Open-your-Eyes-Collage“ und viele weitere Kunstwerke zeigt Heike Krause aka TrashmaidBerlin vom 10. Oktober bis 28. November im Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau am Wörlitzer Park 1. In der Ausstellung ist zu sehen, was alles in der freien Natur oder Stadt achtlos entsorgt wird. Vorab kann man sich über Heike Krause, TrashmaidBerlin und alle Projekte auf www.trashmaidberlin.de informieren. Auf der Homepage gibt es auch jede Menge Informationsmaterial zum Thema Plastikmüll und wie sich jeder engagieren kann.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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