Als die Currywurst nach Steglitz kam
Herbert Krasselt holte die Wurstspezialität an den Steglitzer Damm
Krasselt’s Imbiss am Steglitzer Damm ist berühmt für seine Currywurst. Herbert Krasselt hatte sie 1959 in das damals sogenannte Beamtenviertel gebracht. Der Imbiss wurde zur Erfolgsgeschichte. Wie Herbert Krasselt das geschafft hat, erfuhr die Berliner Woche von seiner Tochter Renate.
Renate Bunk, geborene Krasselt, erinnert sich gern an ihre Kindheit im Steglitzer Damm. Und auch als ihr Vater sich entschlossen hatte, einen Imbiss zu eröffnen. „Es waren harte Zeiten damals und das Geld reichte vorne und hinten nicht. Obwohl mein Vater einen gut bezahlten Job hatte“, erzählt die heute 65-Jährige, die mit ihrem Mann Klaus Bunk in Lichtenrade lebt. Anfangs hatte Krasselt die Imbissbude – das war ein freistehender Verkaufsanhänger, den er sich von seiner Kriegsentschädigung kaufte – nur nebenher betrieben. Tagsüber arbeitete er in seinem Beruf als Ingenieur und abends stand er in der kleinen Curry-Bude auf dem Markt am Steglitzer Damm, Ecke Presselstraße. Ab 19 Uhr gab es hier die Wurst, die von einem hauseigenen Fleischer nach eigens entwickelter Rezeptur hergestellt wurde. Das Ketchup-Rezept entstand in der Familienküche. „Der Ketchup war einmalig in Berlin. Drei Jahre lang hat mein Vater daran getüftelt, um das Rezept zu perfektionieren“, sagt Renate Bunk und erinnert sich, wie die Masse im 100-Liter-Topf zubereitet wurde. „Alles wurde kalt vermengt und es kamen immer gute Gewürze rein.“ Auch die Kinder standen mitunter am Ketchup-Topf und mussten fleißig rühren.
Der einzigartige Geschmack des Ketchups war es auch, der das Geschäft florieren lies – trotz anfänglicher Bedenken aus dem Bekanntenkreis. „Hier im Steglitzer Beamtenviertel wird das nichts“, hieß es. Doch nicht nur die leckere Curry-Wurst lockte die Kunden an den Imbiss, auch der Inhaber selbst: „Mein Vater stand immer mit weißem Kittel, weißem Hemd und Krawatte im Laden“, berichtet seine Tochter. Das hätte ihm schnell den Namen „Curry-Professor“ eingebracht. Das Geschäft lief dann so gut, dass Herbert Krasselt seinen Ingenieurberuf an den Nagel hängte und sich ganz und gar dem Imbiss widmete.
Damit mehr Zeit für die Familie blieb, wurden die Abend-Öffnungszeiten weiter beibehalten. Das führte dazu, dass zum Abend hin die Fans von Krasselt's Currywurst an den Steglitzer Damm pilgerten. „Die Leute warteten schon, bevor überhaupt geöffnet wurde. Irgendwann hieß es: Krasselt ist nur echt mit der Schlange“, erzählt Renate Bunk lachend. Sogar eine Hochzeitsgesellschaft sei einmal mit Krasselt's Curry versorgt worden. „Ein Mann bestellte sage und schreibe 100 Curry-Würste zum Mitnehmen. Da bildete sich natürlich eine besonders lange Schlange. Aber die Kunden nahmen es gelassen“, erinnert sich die Tochter.
Sie erinnert sich auch an die besonders scharfen Aktionen ihres Vaters. Er hätte immer einen guten Draht zu den Leuten gehabt und sie mit Spezialitäten überrascht. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Steglitzer noch an die „Atom-Curry“. Wer sich diese feurige Spezialität bestellte, bekam eine Currywurst, die ordentlich mit Chili und Tabasco gewürzt war. Nicht selten seien beim Verzehr der scharfen Wurst die Tränen geflossen. Doch wer eine solche Atom-Curry schaffte, bekam vom Chef eine „normale“ spendiert.
1976 stieg Renate Bunk mit ins Geschäft ein. Der Imbiss öffnete nun auch vormittags. Ende der 1970er-Jahre wurde der Marktplatz bebaut und aus der Imbissbude wurde der feste Imbiss am heutigen Standort. Wegen einer schweren Tragödie in der Familie verkaufte Herbert Krasselt 1982 den Imbiss samt Namen und Geheimrezeptur. Seit dem wird er von neuen Inhabern von Generation zu Generation weitergegeben und seit 2010 erfolgreich von der Familie Bausch geführt. Renate Bunk, geborene Krasselt, stand selbst bis 1982 im Imbisswagen ihres Vaters. Weißes Hemd, weißer Kittel und Krawatte - Herbert Krasselt wurde auch der "Curry-Professor" genannt.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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