Blindenhilfswerk schließt traditionsreichen Handwerksbetrieb

Steglitz. In der Blindenwerkstatt in der Rothenburgstraße arbeiten 13 blinde und sehbehinderte Handwerker als Bürstenzieher sowie Korbflechter. Auf dem ersten Arbeitsmarkt, also unabhängig von staatlicher Unterstützung, verdienen sie hier ihren Lebensunterhalt. Jetzt soll die Werkstatt geschlossen werden.

Die Erlöse aus dem Verkauf der hergestellten Produkte decken seit vielen Jahren nicht mehr die Kosten des Werkstattbetriebs. Verluste in Höhe von rund 400000 Euro pro Jahr sind die Folge. Bisher konnte das Blindenhilfswerk als Träger die Defizite ausgleichen. „Doch das ist nicht mehr möglich, ohne die Existenz und die Arbeit des Blindenhilfswerkes zu gefährden“, sagt Geschäftsführerin Andrea Pahl. Daher habe sich der Verein mehrheitlich für eine Schließung entschieden. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, erklärt Andrea Pahl weiter. Es wurden unter anderem die Anzahl der Artikel reduziert, neue Produkte aufgenommen, Kooperationen mit Behindertenwerkstätten gesucht und mit einem Online-Shop probiert, auch ein jüngeres Klientel anzusprechen. Doch die finanzielle Belastung sei auf Dauer zu hoch. Bis vor etwa zehn Jahren hatte die Werkstatt diese Probleme nicht. Kommunen und Bezirke haben bei der Werkstatt direkt bestellt. Durch den Senatsbeschluss im Jahr 2007, nach dem die öffentliche Hand beim günstigsten Anbieter einkaufen soll, sind die großen Aufträge weggebrochen. Dazu kommt, dass die Mitarbeiter nicht mehr nach ihrer Leistung bezahlt werden. „Als Einrichtung des ersten Arbeitsmarktes müssen Mindestlohn zahlen. Auch das ist eine enorme Belastung“, sagt Andrea Pahl. Bis zur Schließung im nächsten Jahr werden nun „sozial angemessene Lösungen“ für die Mitarbeiter gesucht. „Wir sind derzeit in Verhandlungen, um sie in andere Arbeitsverhältnisse zu vermitteln oder Umschulungen anzubieten.“ Das gelte auch für die fünf sehenden, nicht behinderten Mitarbeiter, die die Handwerker unterstützen. Zukünftig will sich das Blindenhilfswerk auf die Bereiche Wohnen, Pflege und Ausbildung konzentrieren. Derzeit unterhält es in der Rothenburgstraße 60 Wohnungen für blinde und sehbehinderte Menschen. Anstelle der Blindenwerkstatt könnte eine Ausbildungsstätte für Verwaltungs- und technische Berufe entstehen. „Traditionelles Handwerk ist nicht mehr nachgefragt“, erklärt Pahl. KaR

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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