Wie engagiert man sich jetzt?
Carola Schaaf-Derichs im Interview über das Ehrenamt und die Berliner Freiwilligenbörse in der Corona-Krise

Carola Schaaf-Derichs ist Geschäftsführerin der Landesfreiwilligenagentur Berlin und organisiert seit 15 Jahren die Berliner Freiwilligenbörse. | Foto: Landesfreiwilligenagentur Berlin
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  • Carola Schaaf-Derichs ist Geschäftsführerin der Landesfreiwilligenagentur Berlin und organisiert seit 15 Jahren die Berliner Freiwilligenbörse.
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Alles war angerichtet: Die 100 Stände verteilt, die Kataloge gedruckt. Doch dann musste Carola Schaaf-Derichs, Geschäftsführerin der Landesfreiwilligenagentur Berlin und Organisatorin der Freiwilligenbörse im Roten Rathaus, die Veranstaltung abblasen – Corona! Wieso und wo es dennoch viele Informationen rund ums Ehrenamt gibt, erläutert sie im Gespräch mit unserem Autor Bernd Schüler.

Frau Schaaf-Derichs, wie geht es den gemeinnützigen Vereinen jetzt in der Corona-Krise?

Schaaf-Derichs: Wie alle anderen, wurden die meisten unvorbereitet getroffen. Viele mussten schließen und bis auf Notteams die Hauptamtlichen ins Homeoffice schicken. Nur ist das oft keine Lösung, weil es um Kontaktarbeit mit Menschen geht. Nicht jede kleine Initiative kann schnell auf virtuelle Arbeit umsatteln, es fehlt hier einfach oft an an Ausrüstung. Auch für Vereine braucht es Rettungsschirme.

Warum sollte uns das kümmern, dass auch die Freiwilligenarbeit in Berlin so betroffen ist?

Schaaf-Derichs: Weil Freiwillige vieles leisten – und weil viele jetzt noch mehr herausgefordert sind. So wie es aussieht, trifft die Krise besonders stark die Menschen, die es ohnehin schwer im Leben haben. Die Frage, die viele umtreibt, ist aktuell besonders dringlich: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Gerade jetzt geht es um praktische Solidarität, etwa für kranke wie einsame Menschen, auch außerhalb der Familie.

Was raten Sie all denjenigen, die direkt etwas für Risikogruppen oder von Corona Betroffene tun wollen?

Schaaf-Derichs: Die Bezirke haben Koordinierungsstellen eingerichtet. Sie sind über das Portal der Senatskanzlei auf www.berlin.de/bürgeraktiv zu finden. Dort werden nachbarschaftliche Hilfen vermittelt. Interessierte können anrufen und erfahren, wo sie Apothekengänge, Einkäufe oder Fahrdienste übernehmen können. Das Wichtigste ist aber, sich selbst zu schützen.

Haben wir eine ähnliche Situation wie am Anfang der Flüchtlingskrise, als es dauerte, bis alles koordiniert werden konnte?

Schaaf-Derichs: So rasch, wie sich das Virus verbreitete, so schnell entstanden spontane Hilfsplattformen im Internet, die „Quarantänehelden“ etwa oder eine neue Hotline bei nebenan.de. Das läuft gut, wenn dabei Angebote und Gesuche zusammengeführt werden, ähnlich wie in den Freiwilligenagenturen. Aber unser Bereich leidet an zu geringer Finanzierung. Noch gibt es zu wenig digitale Lösungen. Die fehlen nun, da das Freiwilligenmanagement vor Ort oft nicht arbeiten darf – für die Einrichtungen eine existenzielle Bedrohung! Und dann stehen spontane Freiwillige vor verschlossener Tür? Das darf nicht sein!

Auch die Berliner Freiwilligenbörse wurde abgesagt. Warum findet sie nun als virtuelles Angebot statt?

Schaaf-Derichs: Es war klar, in der jetzigen Krise orientieren sich viele Menschen neu. Sie merken, was ihnen wichtig ist. Wir wissen, viele entdecken, dass auch der Einsatz für das Gemeinwohl dazugehört. Deshalb wollten wir unbedingt ermöglichen, sich an einem Ort informieren zu können. Uns bleibt der digitale Weg.

Auf welchen Kanälen findet die virtuelle Berliner Freiwilligenbörse statt?

Schaaf-Derichs: Die virtuelle Börse wird ein Schaufenster ins Ehrenamt, das inspiriert. Ich hoffe, wir finden dabei auch Freiwillige für die Corona-Hilfe, denn wir geben Aufrufe von Einrichtungen weiter, die gerade jetzt Unterstützung von außen nötig hätten. Ab Sonnabend, 18. April, werden aktuelle Angebote vier Wochen lang in einem Blog sowie auf Twitter und Facebook vorgestellt. Bequem von zu Hause aus lässt sich entdecken, was man wo und wie auch virtuell freiwillig unterstützen kann: sich für Umwelt oder Tiere einsetzen, Kultur und Bildung vermitteln etwa – oder aktuell zur Corona-Hilfe beitragen. Statt digital kann man auch analog im „Berliner Engagementkatalog“ blättern. Darin sind alle Aussteller zu finden, von der AWO über den Großelterndienst bis hin zum Zoo-Förderverein. Den Katalog gibt es über die Landesfreiwilligenagentur Berlin unter Telefon 847 10 87 90 und zum Herunterladen auf www.berliner-freiwilligenboerse.de.

Das Motto lautet „Lern.Ort.Engagement“. Was haben Sie in der Zeit des Ausnahmezustands gelernt?

Schaaf-Derichs: Das freiwillige Engagement ist gerade in Krisen eine unverzichtbare und wertvolle Kraft zur Bewältigung! Für unsere Gesellschaft und ihre Werte ist dieses Zusammenspiel aller die lebensnotwendige Mitte, aus der Neues entstehen kann.

Carola Schaaf-Derichs ist Geschäftsführerin der Landesfreiwilligenagentur Berlin und organisiert seit 15 Jahren die Berliner Freiwilligenbörse. | Foto: Landesfreiwilligenagentur Berlin
Autor:

Bernd Schüler aus Mitte

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