Hefte, saure Gurken und ne irre Wurst: Erinnerungen an den Wochenmarkt am Steglitzer Damm
Dass am Steglitzer Damm einmal regelmäßig lebhaftes Markttreiben herrschte, ist heute kaum vorstellbar. Doch tatsächlich: An der Ecke Presselstraße gab es einen gut florierenden Wochenmarkt. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Wohngebäude mit Supermarkt.
„Der Wochenmarkt war ein Anlaufpunkt für die Steglitzer aus dem Kiez. Hier konnte man immer die neuesten Nachrichten austauschen“, erinnert sich Michael Lorenz. Der heute 69-Jährige ist im Kiez aufgewachsen. Der Südend-Markt – wie er offiziell hieß – war für Kinder so etwas wie eine Attraktion. Es war aufregend, zwischen den Ständen hinter dem weißen Lattenzaun herumzustromern und Neuigkeiten aufzuschnappen. „Die mit Planen bespannten Marktbuden standen dicht beieinander und die Wege dazwischen waren sehr eng. Wenn es regnete, lief das Wasser von den Planen in den Nacken – man konnte ja nicht ausweichen“, erzählt Lorenz.
Wenn es mit der Familie auf den Markt ging, gab es für die Kinder immer eine saure Gurke aus dem Fass. Später kam noch eine andere Delikatesse dazu. „Ein Freund sagte: Da ist einer, der verkauft Würste, macht Ketchup oben drauf und ein scharfes Pulver – schmeckt irre! Krasselt hatte auf dem Markt einen Currywurst-Stand aufgemacht. Das war der Hammer!“, kommt Michael Lorenz ins Schwärmen.
Seitdem war es ein Muss, auf dem Wochenmarkt bei Krasselt diese „irre Wurst“ zu essen. Der Preis damals: 80 Pfennige.
Krasselts Currywurst gibt's bis heute
Krasselts-Currywurst gibt es immer noch und und sie gehört zu den besten Berlins. Aus dem kleinen Imbisswagen ist inzwischen ein fester Imbiss-Stand geworden. Das Ehepaar Krasselt, als „Erfinder“ der schmackhaften Wurst, verkaufte den Imbiss 1970 wegen einer Familientragödie. Die neuen Inhaber führen das Geschäft unter dem ursprünglichen Namen und geben es von Generation zu Generation weiter.
Eine besondere Anziehung hatte für halbwüchsige Jungs auch ein Stand im hinteren Bereich des Marktes. Für ein paar Groschen konnten sie Romanheftchen mit Abenteuergeschichten erstehen. Es gab aber auch die Möglichkeit, zwei alte Hefte gegen ein neues zu tauschen. „Wir konnten es mittwochs kaum abwarten, nach der Schule zum Markt zu kommen. Es begann ein richtiger Wettlauf. Denn wer zuerst da war, konnte die besten Hefte ergattern“, erinnert sich Lorenz.
Ende der 1970er-Jahre wurde der Markt mit einem Wohnhauses bebaut. Heute befindet sich hier ein Supermarkt.
Später wurde ein Wochenmarkt auf er anderen Straßenseite des Steglitzer Dammes zwischen Immenweg und Wilseder Straße etabliert. 2010 wurde dieser als „Geisterwochenmarkt“ geschlossen – es gab kaum noch Händler. Derzeit ist die Diskussion nach einem neuen Markt am Steglitzer Damm wieder entflammt. Bevor die Suche nach einem neuen Marktbetreiber starten kann, müssen zunächst die Pläne für den Umbau des Steglitzer Damms geprüft werden. Dort, wo früher der Wochenmarkt war, stehen heute ein Supermarkt und ein Wohnhaus. Der kleine Verkaufswagen von Krasselt hatte auf dem Südend-Markt einen festen Platz.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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