Heimat, Träume und Toleranz
Magazin „KulturTür“ ist ein gelungenes Beispiel für gelebte Willkommenskultur
Als erster Berliner Bezirk hat Steglitz-Zehlendorf eine gemeinsame Zeitschrift von geflüchteten Menschen, Migranten und Deutschen herausgegeben. Das Magazin heißt „KulturTür“.
Es ist ein Magazin von und für Geflüchtete und ihre Nachbarn. Die erste Ausgabe ist schon Anfang 2017 erschienen. Gerade kam die 11. Ausgabe raus, Heft Nummer 12 ist derzeit in Arbeit.
Die sechs Frauen und Männer sitzen um den Tisch in der KulturTÜR-Redaktion im vierten Stock des Hauses in der Düppelstraße 36. Hier, in den Räumen des DRK Berlin Südwest, entstehen die Ideen für das mehrsprachige Magazin, das vier Mal im Jahr erscheint. Heute ist die Runde ziemlich klein. Zum festen Team gehören im Durchschnitt 20 Leute, die aus verschiedenen Ländern kommen und in Deutschland ein neues Zuhause gefunden haben. Die Zahl der Autoren ist mehr als doppelt so groß. Es sind Menschen aus Syrien, Ägypten, Afghanistan, Iran, Libanon und aus Deutschland. Sie alle erzählen Geschichten, die von ihrer Heimat, ihrer Kultur, ihren Träumen, ihren Fluchterlebnissen und ihrem neuen Leben in Berlin erzählen.
„Ich möchte nicht in einer Parallelgesellschaft leben"
Einer von ihnen ist Mortaza Rahimi. Er wurde 1991 in Kabul geboren und arbeitete dort als Journalist. Nach Todesdrohungen der Taliban flüchtete er mit Hilfe von „Reporter ohne Grenzen“. In Deutschland lebt er seit 2011. Bei KulturTÜR ist er von Anfang an dabei und leitet die persisch-sprachige Redaktion. Für ihn ist das Magazin so etwas wie eine Plattform geworden, auf der er sich mitteilen und Gehör verschaffen will. „Ich möchte nicht in einer Parallelgesellschaft leben, sondern mitten in der deutschen Gesellschaft, weil hier mein neuen Zuhause ist“, sagt er.
Das ist auch der Grund, weshalb die anderen mitmachen und ihre Erlebnisse und Gedanken aufschreiben. Hareth Almukdad kommt aus Syrien; seit 2016 lebt der Journalist in Deutschland. Er möchte durch seine Artikel anderen seine Kultur vermitteln, aber auch andere Kulturen kennenlernen. Kesanet Abraham aus Eritrea schreibt Gedichte und möchte anderen Menschen damit Mut machen.
Texte in Muttersprache und auf Deutsch
Um wirklich ein Mittler zwischen den Kulturen sein zu können, erscheinen sämtliche Texte im Magazin in der Muttersprache des Autors und parallel dazu auf Deutsch. „Unser Ziel ist es, zusammenzukommen und uns auszutauschen“, sagt Rita Zobel. Sie leitet das KulturTür-Projekt, das vom DRK Berlin Südwest ins Leben gerufen wurde. Das funktioniere sehr gut. Die Autoren lernen die deutsche Sprache und die deutsche Kultur auf diese Art kennen. Genau so sollte Integration sein, darüber sind sich alle in der Runde einig.
Aber auch für die Deutschen sind die wöchentlichen Treffen eine Bereicherung. Jede Woche werden verschiedene Themen diskutiert, unter denen das neue Heft stehen soll. Die erste Ausgabe handelte zum Beispiel vom Neustart, es folgten Titel über Miteinander, Heimat, Perspektiven, Beziehungen und mehr. Jedes Heft enthält neben den persönlichen Geschichten auch Tipps zur Wohnungssuche, Ausbildungs- und Studienplätzen, aber auch Rezepte.
„KulturTür goes Kiez“ sucht Kooperationspartner
Die Broschüre sei ein gelungenes Beispiel für die im Bezirk gelebte Willkommenskultur, lobt auch Carolina Böhm (SPD), Stadträtin für Jugend und Gesundheit, das Projekt und wünscht der Publikation noch viele gelungene Ausgaben. Derzeit werden die Hefte in einer Auflage von zirka 2000 Exemplaren in Bibliotheken, Volkshochschulen, Bürgerämtern und Rathäusern im Bezirk kostenlos verteilt. Weil das Magazin immer sehr schnell vergriffen ist, haben sich die Macher etwas ausgedacht. Sie gehen mit ihren Geschichten in die Kieze. Unter dem Motto „KulturTür goes Kiez“ gab es in der Villa Mittelhof bereits eine Lesung. „Das ist so gut angekommen, dass wir das ausbauen wollen“, sagt Rita Zobel. Dazu werden Einrichtungen als Kooperationspartner gesucht, bei denen solchen Lesungen stattfinden können.
Um noch mehr Leute zum Mitmachen zu motivieren, sollen demnächst öffentliche Redaktionssitzungen veranstaltet werden. „Wir stellen uns vor, die erste Sitzung im Monat im Freien an verschiedenen öffentlichen Plätzen zu machen. Jeder, der möchte, kann dazustoßen“, sagt Rita Zobel.
Weitere Informationen und Kontakt per E-Mail an redaktion@drk-berlin.net oder auf www.kulturtuer.net.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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