Eine glücklich machende Sucht:
Wenn die Stricklieschen die Nadel klappern lassen
Dienstagnachmittag im Restaurant La Ronda am Steglitzer Damm: elf Frauen sitzen um einen langen Tisch herum und frönen ihrem gemeinsamen Hobby. Sie stricken, was das Zeug hält.
„Stricken ist für mich wie eine Sucht. Wenn ich einmal dabei bin, kann ich nicht aufhören und stricke bis in die Nacht“, sagt Herma lachend. Sie gilt als Schnellstrickerin. Dass bei ihr die Nadeln regelrecht fliegen, sei schon immer so gewesen. „Schon als Kind wollte ich immer als erste fertig sein.“ Die Leidenschaft zum Stricken hat Herma auch schon seit sie denken kann. Früher wollte sie mal Handarbeitslehrerin werden. An diesem Nachmittag strickt sie ein paar Puppensöckchen und ist nicht ganz so schnell wie sonst. Denn beide Unterarme stecken in Schienen. „Der rechte ist gebrochen, der linke verstaucht. Aber stricken geht immer.“
Die Dame gegenüber nickt zustimmend. Christel ist mit ihren 86 Jahren eine der Ältesten. Auch sie strickt schon ihr Leben lang. Zwischendurch sei das Hobby zwar mal „out“ gewesen, sagt sie, aber vor ein paar Jahren hat sie es wieder entdeckt und bestrickt nun ihre Urenkel. „Hier bei unserem Treff hole ich mir viele Anregungen, denn jeder macht was anderes“, sagt sie und bekommt von allen Seiten Bestätigung.
„Wir sind wirklich eine lustige Truppe und es macht solch einen Spaß, in der Gemeinschaft zu stricken oder zu häkeln“, sagt Astrid. Sie ist die Initiatorin des Strick- und Häkeltreffs Südende. Über das Portal Nebenan.de hat sie Frauen aus ihrer Nachbarschaft zur Gründung der Strickgruppe aufgerufen. „Es meldeten sich auf Anhieb 16 Damen. Zum ersten Treffen im November kamen allerdings dann nur zwei“, erzählt Astrid. Aber dann wurde ordentlich die Werbetrommel gerührt und die Gruppe immer größer. Insgesamt sind jetzt 13 Frauen angemeldet. In der Regel kommen zwischen acht und zehn an jedem ersten Dienstag zu den Treffen ins La Ronda, wo die Strickliesel ihr Domizil gefunden haben. „Wir wurden von den Wirtsleuten mit offenen Armen empfangen“, freut sich Astrid. Die Chefarztsekretärin selbst findet beim Stricken und Häkeln „Entspannung pur“. Sie versucht alles zu bestricken und zu behäkeln, was geht. Unter ihren geschickten Fingern entstehen Babysachen, Pullover, Schals aber auch hübsche Figuren und Kuscheltiere aus Wolle.
Die Idee des Strick- und Häkeltreffs hat Astrid übrigens aus Dänemark mitgebracht. Im Urlaub hat sie einen solchen Stricktreff kennengelernt und war so begeistert, dass sie so etwas auch in ihrem Kiez etablieren wollte. Das Tolle sei der rege Austausch untereinander. „Jeder hat so viele verschiedene Techniken und Ideen, dass es nie langweilig wird.“
Ein umfangreiches Repertoire präsentieren die Strickliesel auf einem Tisch im Restaurant. Hier gibt es die schönsten Pullover, Schals und Tücher von grobgestrickt bis zu zarten Mustern aber auch Häkelnetze, Ketten und Figuren. Auch das Upcycling – also das Wiederverwerten ausrangierter Sachen – spielt bei den Damen eine Rolle. Petra zum Beispiel hat aus alten T-Shirts stabile Behältnisse gehäkelt.
So unterschiedlich die Arbeiten der Frauen auch sind, sie alle sind vom „Strickvirus“ infiziert. Mit klappernden Nadel und Wolle etwas Schönes mit den eigenen Händen entstehen zu lassen, ist für sie eine Sucht, die glücklich macht.
Das nächste Treffen findet am 2. Juli, 17 Uhr, im La Ronda, Steglitzer Damm 90, statt. „Wir freuen uns auch auf neue Handarbeitsbegeisterte – egal ob Anfänger oder versierte Strickliesel.“ Kontakt zu den Stricklieseln per E-Mail an a.tittus@yahoo.de. Astrid (r.) und Petra fachsimpeln über verschiedene Stricktechniken. Schnellstrickerin Herma legt selbst mit verletzten Unterarmen ein beachtliches Tempo vor.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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