Das Klohäuschen als Portal der Zukunft
Öko-Toilette am Stadtpark Steglitz aufgestellt - weiterer Standort geplant

Pilotprojekt am Stadtpark Steglitz: Florian Augustin und Lilly Müller von der Firma Finizio erklären, wie die autarke Parktoilette ohne Strom und Wasser funktioniert.  | Foto:  K. Rabe
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Ein zukunftsweisendes Klohäuschen wurde jetzt im Stadtpark Steglitz aufgestellt. Die Öko-Toilette kommt ohne Strom und Wasser aus, ist also autark. Das Holzhaus in der Grünanlage an der Göbenstraße ist eins von insgesamt 24 öffentlichen Öko-Klos, die in diesem Frühjahr in Parks und Grünanlagen der Stadt aufgestellt werden.

„Wir verstehen diese Toiletten als ein Portal in die Zukunft“, sagt Florian Augustin von der Finizio GmbH. Das junge Start-up aus Eberswalde hat das Modell „Libre“ entwickelt, das am Stadtpark Steglitz von Markus Kamrad, Staatssekretär für Verbraucherschutz, Stadtrat Urban Aykal sowie den Herstellern der Parktoiletten vorgestellt und seiner Bestimmung übergeben wurde. Ein weiteres Modell kommt von der EcoToiletten-GmbH.

Äußerlich erinnern die Klohäuschen an Holzschuppen. Aber das unscheinbare Holzhäuschen hat es in sich. Wer hier sein Geschäft verrichtet – egal ob groß oder klein – tut zugleich etwas für die Umwelt. Denn die Firma Finizio hat ein ausgeklügeltes System entwickelt, das nun getestet wird. Urin und Kot werden mit dem „Peepot“ getrennt. „Peepot" nennt das Unternehmen eine Sitztoilette, die nach dem Teekannen-Effekt funktioniert. Demnach gelangt „flüssig“ in einen Urintank im Fundament des Toilettenhäuschens, der 600 Liter fasst. „Das reicht für rund 2000 Benutzungen“, erklärt Augustin. Das „große Geschäft“ landet in einem Extra-Behälter. Anstatt einer Spülung wird über einen Streuspender Strohmehl auf den Exkrementen verteilt. So werden unangenehme Gerüche neutralisiert. Der 30-Liter-Behälter für die großen Hinterlassenschaften soll laut Augustin für 50 Geschäfte reichen. Alternativ zum Sitzklo gibt es ein Urinal, und zwar für Frauen und Männer. Das Unisex-Urinal ist so gebaut, dass Frauen hockend und Männer stehend Wasser lassen können. Das Urinal ist bereits erprobt und „wird nach anfänglicher Skepsis von Frauen begeistert angenommen“, sagt Augustin. Darüber hinaus sind die Öko-Toiletten barrierefrei. Über eine Rampe kommt man auch mit Rollstuhl oder Rollator ins stille Örtchen. Blinde und sehbehinderte Menschen können sich über Blindenschrift orientieren. Beleuchtet wird die Toilette über Tageslicht durch das durchsichtige Kunststoffdach oder über Solarpanele.

Mit der Bewirtschaftung der autarken Toiletten ist die Eco-Toiletten GmbH beauftragt. Das Unternehmen entleert die Behälter ein- bis zweimal wöchentlich, die Reinigung der Toiletten erfolgt täglich. Zudem gibt es ein Notfall-Team, das – wenn nötig – innerhalb von 24 Stunden Reparaturen erledigt. „Wir sind auf alles eingestellt“, sagt Sven Riesbeck von Eco-Toiletten. Die menschlichen Ausscheidungen werden nach Eberswalde in die Finizio-Forschungsanlage gebracht. Hier werden die Hinterlassenschaften kompostiert und daraus ein „Superdünger“ hergestellt. Das habe ein enormes Energiesparpotenzial, so Augustin. Inwieweit sich der äußerst humusreiche Kompost zum Düngen eigne, werde derzeit getestet. „Momentan ist es allerdings in Deutschland nicht erlaubt, menschliche Ausscheidungen als Dünger zu nutzen“, sagt Augustin. Er hofft aber, dass seitens der Politik und angesichts der klimatischen Entwicklung die erforderliche Anpassung der Düngemittelverordnung zügig erfolge. Die autarken Parktoiletten sind ein weiterer Baustein des Berliner Toilettenkonzeptes. „Spätestens die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass öffentliche Toiletten ein wichtiger Teil der Daseinsvorsorge sind“, erklärt Kamrad. Vor allem für ältere Menschen seien öffentliche Toiletten wichtig, findet auch Stadtrat Urban Aykal. „Senioren überlegen es sich dreimal, ob sie im Park spazieren gehen, weil es keine Toiletten gibt“, sagt er. Er hofft, dass es bald mehr Parktoiletten geben wird.

Das Pilotprojekt läuft zunächst ein Jahr und kostet insgesamt 1,7 Millionen Euro. 650 000 Euro fallen an Betriebskosten an. Markus Kamrad könnte sich vorstellen, dass nach erfolgreicher Testphase die Zahl der autarken Parktoiletten auf 60 bis 80 Stück erhöht werden könnte. Doch das sei noch Zukunftsmusik.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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