"Ein guter Schirm hält ein Leben lang"
Rolf Lippke ist Berlins letzter Schirmmacher

Schirmmacher Rolf Lippke fertigt Schirme auch nach Sonderwünschen.  | Foto:  K. Rabe
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Schirme, Schirme, Schirme: Ob groß oder klein, bunt oder dezent gemustert, modern oder nostalgisch – die Regale in dem kleinen Schirmgeschäft an der Kieler Straße sind voll davon. Dort hat Rolf Lippke sein Reich. Der Schirmmacher ist einer der Letzten seiner Zunft. Für ihn sind Schirme mehr als nur ein funktionelles Beiwerk. Sie sind eine Lebenseinstellung.

In seinem kleinen Laden in der Kieler Straße 6 verkauft Lippke nicht nur hochwertige Schirme vom Knirps über den Stockschirm für den Herren bis hin zum schicken Automatikschirm für die Dame. Er repariert auch kaputte Schirme und er fertigt sogar welche nach Kundenwünschen an. Rolf Lippke hält in Steglitz auch ein altes Handwerk am Leben und führt den Betrieb, der vor 140 Jahren in Nordböhmen von Josef Müller gegründet wurde, bereits in der sechsten Generation.

1882 begannen Lippkes Vorfahren mit der Reparatur von Schirmen. Schnell wuchs die kleine Manufaktur nahe der sächsischen Grenze zur Schirmfabrik, die hochwertige Regenschirme sogar bis ins ferne Afrika lieferte. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste der Betrieb die Schirmproduktion und Reparatur nach Ebersbach in der damaligen DDR verlegen. Bis 1990 produzierte die Firma für den VEB Spezial. Nach der Wende, 1992, übernahm Rolf Lippke die Firma und eröffnete in Ebersbach ein Schirmfachgeschäft. 2017 hat Lippke das Geschäft in der Nebenstraße der Schloßstraße übernommen und den Namen „Schirm-Schirmer“ gleich mit. Er will damit auch die Tradition des Steglitzer Geschäfts aufrechterhalten, das seit 1927 an der Kieler Straße seinen Sitz hatte.

Kein Ausbildungsberuf mehr

Als Sprössling einer alteingesessenen Schirmmacher-Familie hat Rolf Lippke das Schirmmacher-Handwerk von der Pike auf gelernt. „Damals ging das noch. Jetzt ist dieses Handwerk ein aussterbendes, denn 1989 ist es in Deutschland von der Liste der Ausbildungsberufe gestrichen worden“, bedauert Lippke. Denn er weiß, einen „richtigen“ Nachfolger, der das Handwerk beherrscht, wird es nicht geben. Das sei schade, aber es werde auch zunehmend schwieriger, in der heutigen Wegwerfgesellschaft zu bestehen. Massenproduktionen von Billigschirmen machen es dem Schirmmacher schwer. „Ein guter Schirm hat seinen Preis. Aber – er hält dann auch ein Leben lang“, sagt Lippke, der seine Schirme von namhaften Firmen aus Österreich, Italien und Frankreich bezieht. „Diese Schirme mit einem Stahl- oder Carbongestell sind stabil und sturmerprobt. Auch der Stoff ist aus strapazierfähigen Materialien und hält was aus“, so Lippke.

Schirme, Schirme, Schirme - bei Rolf Lippke gibt es alles vom Kinderschirm, über den stabilen Herrenschirm bis zum schicken Damenschirm.  | Foto: K. Rabe
  • Schirme, Schirme, Schirme - bei Rolf Lippke gibt es alles vom Kinderschirm, über den stabilen Herrenschirm bis zum schicken Damenschirm.
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Dazu kommt, dass die Auswahl seiner Schirme riesig ist: Hunderte klassische und modische Schirme mit verschiedensten Mustern und Motiven machen die Wahl zur Qual. Jeder für sich ist ein Hingucker. Und wer einen ganz persönlichen und einzigartigen Begleiter durch Regen und Sturm sucht, kann sich seinen individuellen Regenschirm zusammenstellen und aus einer großen Palette von Stoffdesigns, Stöcken und Griffen unterschiedlichster Hölzer wählen. Für die Anfertigung eines solchen Unikats benötigt der Schirmmacher drei bis vier Wochen. Dazu gehört nicht nur, das Gestell mit Stock, Griff und Speichen anzufertigen. Auch den Bezug näht Lippke selbst. Das Zuschneiden der Stoffdreiecke sei eine Wissenschaft für sich, denn die Muster müssten genau zueinander passen. 50 bis 80 Schirme fertigt er im Jahr an. Dazu kommen die Reparaturen – falls doch mal etwas kaputt geht. In seiner Werkstatt hat er dafür jede Menge Ersatzteile. Hin und wieder kommt auch die Stockfeder-Einschneid-Maschine zum Einsatz. Das Gerät ist ein altes Erbstück und hat inzwischen an die 100 Jahre auf dem Buckel. Mit ihr wird der Hohlraum für die Feder in den Schirmstock gefräst. Damit haben bereits seine Vorfahren gearbeitet.

An der alten Stockfeder-Einschneid-Maschine fertigt Lippke Schirme nach Kundenwünschen an.  | Foto:  K. Rabe
  • An der alten Stockfeder-Einschneid-Maschine fertigt Lippke Schirme nach Kundenwünschen an.
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Der größte Feind von Lippke ist übrigens nicht die Wegwerfmentalität. Mehr noch als Massenproduktionen macht dem Schirmmacher die anhaltende Trockenheit der vergangenen Jahre zu schaffen. „2017 war noch ein gutes Jahr, weil es da richtig geschüttet hat“, erinnert er sich. Seit 2018 verkaufe er spürbar weniger Schirme. Da könnten sich die handlichen Sonnenschirme mit UV-Schutz-Faktor 50 bald zum Renner entwickeln. Auch diese gibt es in seinem Laden zu kaufen.

Schirmmacher Rolf Lippke, Kieler Straße 6. Infos: www.schirmmitcharme.de.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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