Magisches zwischen Havel und Himmel
Stadtführung vom Schildhorndenkmal zum Grunewaldturm

Bei meinem 162. Woche-Spaziergang lade ich Sie zu zwei Plätzen am Havelufer ein, gut zwei Kilometer Spazierweg voneinander entfernt.

Der erste ist eine bescheidene Waldlichtung mit romantischem Denkmal zur Schildhorn-Sage um die Begründung der Mark Brandenburg. Der zweite ist der weitläufig angelegte Platz am Grunewaldturm. Erbaut wurde der 55-Meter-Turm zum Gedächtnis an König Wilhelm I. So liest man es an der Fassade; hinter geschmiedeten Toren steht der 1888 verstorbene Preußenkönig und Kaiser als überlebensgroße weiße Marmorfigur in der Ehrenhalle. Wer an ihm vorbei über Treppenabsätze und die Enge des Wendelsteins bis zur Aussichtsplattform 200 Stufen überwindet, wird Richtung Westen mit faszinierendem Blick über die glitzernde Havellandschaft zwischen Spandau und Potsdam belohnt.

Stadtseitig fallen sofort die drei weißen Kugeln vom 120,1 Meter hohen Teufelsberg ins Auge, die wie zum Greifen nahe aus dem Grunewald ragen. Wussten Sie, dass sich unter dem Trümmerberg im einst britischen Sektor die NS-Reste der Militärtechnischen Fakultät der TH Charlottenburg verbergen? Ab 1961 errichteten US-Army und Briten auf dem noch jungen Bergplateau jene Radarstation, mit der der Umkreis bis zu 300 km ausgeforscht werden konnte. Als die Supertechnik 1994 mit Abzug der Alliierten aus den Kunststoffkugeln verschwand, blieben dreifache Drahtzäune, schwere Tore. Bis heute gibt es kein Konzept für die Ruinen auf dem Berg.

Den Grunewaldturm hatte Franz Schwechten 1897 am 78,5 Meter hohen Karlsberg für den Landkreis Teltow entworfen. Bei Gründung Groß-Berlins 1920 kam er zu Wilmersdorf. Kein Zufall, dass man von hier deutlich die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche sehen kann: derselbe Architekt, dieselbe Gedenkperson. Mit Fantasie kann man weitere Berliner Bauten Schwechtens orten, etwa den Portalrest des Anhalter Bahnhofs, älteste AEG-Fabrikbauten am Gesundbrunnen, Turm und Schornstein vom Schultheiss-Stammhaus Schönhauser Allee, heute Kulturbrauerei.

Schildhorn heißt die kleine Halbinsel in wunderbarer Wasser-Wald-Landschaft zwischen Havel und Bucht Jürgenlanke. Im Jahre 1157 soll hier Slawenfürst Jaxa von Köpenick auf der Flucht vor dem askanischen Markgrafen Albrecht gewesen sein. Historiker weisen auf blutige Kämpfe, die preußische Sage spricht von Jaxas Havelquerung zu Pferde, seiner Angst vor dem Ertrinken. Der Schwur auf das Christentum soll ihn gerettet haben. Auf dem Trockenen habe er dann Schild und Horn an einen Baum gehängt. Nach einer Skizze König Friedrich Wilhelm IV. entwarf 1845 der königliche Architekt Stüler eine Säule aus Sandstein, die ihren Platz auf der Lichtung fand. Seitdem reiben sich Kritiker, selbst Theodor Fontane, an dem bescheidenen Kunstwerk. Doch es ist wohl vor allem Denkzeichen eines magischen Naturorts am Wasser. Wer innehält, mag sogar Zauber und Gesänge erspüren, die aus der Tiefe uralter Zeiten herüberwehen...

Der Spaziergang vom Schildhorn zum Grunewaldturm beginnt am 21. Juli, 11 Uhr. Treffpunkt ist an der Bushaltestelle Schildhorn. Verkehrsverbindung: Bus 218 bis Schildhorn.
Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: am Freitag, 20. Juli, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter  der 887 27 74 14.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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