Eine halbe Million Menschen protestierte am 4. November 1989 gegen die SED-Diktatur
Die Revolution auf dem Alexanderplatz

Volkspolizisten staunen, was plötzlich alles erlaubt ist. | Foto: Ralf Drescher
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Am 4. November 1989 bin ich früh aufgestanden. Habe meine Praktica-Kamera und ein paar Filme in die Tasche gepackt und bin zum Alexanderplatz gefahren.
Als ich dort gegen 9 Uhr ankam, war der Platz selbst noch ziemlich leer. In den Nebenstraßen standen aber schon Gruppen mit Transparenten und Losungen. Eine Stunde später war daraus die größte Demonstration in der DDR geworden. Neben den Reden, die später auf dem Alexanderplatz gehalten wurden, waren die Losungen und Transparente das, was in die Geschichtsbücher eingehen sollte. „Das ich das noch erleben darf“, „Stasi in die Produktion“, „Unser Herzenswunsch das ist das sich Egon Krenz vapisst“ waren nur einige, die ich selbst gesehen und fotografiert habe. Und natürlich jenes Bild von Egon Krenz als gefräßiger Wolf mit Omamütze „Großmutter warum hast Du so große Zähne“. Entworfen hatte es der Bühnenbildner Joachim „Hamster“ Damm, gefertigt wurde es im Malsaal der Berliner Theater.
Mit der Demonstration ging es einmal rund um den Alex, bis zum Palast de Republik und retour. Der von Polizei und schon arg angeschlagener Stasi befürchtete Sturm auf die Mauer blieb aus, er wurde fünf Tage später dann nachgeholt.
Die Menschen auf dem Alexanderplatz – Schätzungen gehen von einer halben Million aus - konnten den Reden auf dem Podium akustisch kaum folgen. Nur als der frühere Stasigeneral Markus Wolf seine Rechtfertigungen stotterte, gingen auch letzte Fetzen seiner Worte in tausendfachen Buhrufen unter.
Was ist in einer Zeit, in der Bürger ohne Not Extremisten und Brunnenvergiftern an der Wahlurne ein Votum verschaffen, von jenem 4. November 1989 geblieben? Ganz sicher der Stolz, dabei gewesen zu sein, mit der Kamera ein Stück Weltgeschichte dokumentiert zu haben und meine Überzeugung, dass am Ende immer das Gute über das Böse triumphiert.
Und viele der eindrucksvollen Plakate, auch jenes des bissigen Egon Krenz. Es findet sich bereits in Schul- und Geschichtsbüchern, das Original wird im Deutschen Historischen Museum bewahrt. Später hat der Sängerbarde Wolf Biermann Krenz noch im Lied von den „Verdorbenen Greisen“ ein verdientes Denkmal gesetzt.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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