Kein Freifahrtschein für den Bezirk: Fragen nach dem Vorkaufsrecht-Urteil
Die Entscheidung der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts zum Vorkaufsrecht bedeutete einen großer Erfolg für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Was aber nicht bedeutet, dass dieses Instrument jetzt freie Bahn bekommen hat.Das Gericht sah noch einige Unwägbarkeiten und ließ ausdrücklich eine Berufung zu.
Aber klar ist, es war für alle Verfechter des Vorkaufsrechts, etwa den Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) ein wichtiger Etappensieg.
Wie wurde argumentiert? Es ging bei diesem Verfahren um eine spezielle Immobilie, die Heimstraße 17. Die dortige Situation war Grundlage für die Entscheidung. Auch die Tatsache, dass die Sanierung der Immobilie in den 1990er–Jahren mit öffentlichen Mitteln erfolgt ist. Dadurch wären seine Mandanten ohnehin noch Jahre einigen Vorgaben unterworfen, meinte der Anwalt der Kläger. Das Vorkaufsrecht sei deshalb überhaupt nicht notwendig.
Das Gericht sah das anders und wollte Sicherheiten für die Mieter auch in ferner Zukunft gewährleistet wissen.
Damit habe das Urteil auch Auswirkungen auf ähnlich gelagerte Fälle, so die Bewertung von Florian Schmidt. Viele geförderte Immobilien habe er bisher nicht unter Vorkaufs-Vorgabe gestellt, weil zunächst die aktuelle Entscheidung abgewartet werden sollte. Das werde aber jetzt passieren.
Vorteile für das Land? Auch dass die Heimstraße 17 nach dem Vorkaufsrecht an die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM ging, wurde vom Rechtsvertreter der Gegenseite kritisiert. Er stieß sich dabei zum einen an manchen Formalien, aber auch daran, dass das Land Berlin privaten Besitz sozusagen rekommunalisiere und damit letztendlich in das Eigentumsrecht eingreife.
Das sei ein hohes Gut, befand auch die 13. Kammer. Allerdings mit Einschränkungen. Gerade durch den Status der WBM sei von einem relativ großen Schutz der Mieter auszugehen, wurde der Spieß umgedreht. Ginge eine Immobilie nach Vorkaufsrecht an einen privaten Käufer, müsste der Fall möglicherweise anders bewertet werden, ließ der Richter durchblicken.
Wie wurde Eigentum definiert? Für das Gericht bedeutete Eigentum vor allem etwas, was auf- und ausgebaut, auch gepflegt wurde. Das drücke sich nicht zuletzt anhand einer Immobilie aus. Etwas anders liege die Sache, wenn ein Eigentümer sein Gebäude verkaufen wolle. Das wäre zum einen weniger ultimativ schutzbedürftig. Und wenn er gleichzeitig dafür, wie im Fall der Heimstraße, seinen geforderten Preis bekomme, entstehe ihm auch kein Schaden. Wer am Ende der Käufer wird, sei dabei nicht entscheidend.
Wie aussagekräftig ist das Urteil? Die Vertreter des Verwaltungsgerichts betonten, dass sie mit ihrer Entscheidung einem nach Gesetzeslage gangbaren und für sie plausiblen Weg gefolgt seien. Dass es andere Einschätzungen geben könnte, machten sie ebenfalls deutlich. Der Gesetzgeber habe im Bau- und Mietrecht für sehr weitgehende Interpretationsspielräume gesorgt, wurde angemerkt. Nicht nur deshalb gab es auch schon unterschiedliche Entscheidungen in Sachen Vorkaufsrecht. Das Berliner Landgericht hat im vergangenen Jahr bei einem Fall in Tempelhof-Schöneberg anders geurteilt.
Was folgt daraus? Mit der Entscheidung vom 14. Mai wird es auf jeden Fall schwieriger, gegen das Vorkaufsrechts anzugehen oder es bereits grundsätzlich als eine Art illegalen Eingriff zu werten. Gleichzeitig bedeutet es keinen Freifahrtschein. Jede Entscheidung in dieser Richtung muss klar und nachvollziehbar begründet werden.
Mancher Käufer wird sich jetzt vielleicht eher auf die sogenannte Abwendungsvereinbarung einlassen. Sie bedeutet für ihn zwar einige Vorgaben, erfüllt er sie, kann er das Objekt aber erwerben. Für die Heimstraße 17 wurde eine Abwendungsvereinbarung abgelehnt.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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