Zwischen Lyrik und Kneipenfotos
Henning Kreitels bemerkenswerte künstlerische Bandbreite
Gedichte sind nicht unbedingt ein Verkaufsschlager. Das weiß auch Henning Kreitel. Er hat es aber bisher immerhin geschafft, zwei Bücher mit seinen Versen zu veröffentlichen.
"Im Stadtgehege" heißt der aktuelle Band aus dieser Gattung. 79 zumeist nur wenige Zeilen lange Lyrik findet sich dort. Ihre Themen sind der Alltag, die Hektik, die Einflüsse der Großstadt. Die Gedichte korrespondieren mit Fotos aus Berliner Parks, die unter der Überschrift "Auf Ruhesuche" stehen, 13 analoge Aufnahmen, im sogenannten "Preußisch" oder "Berliner Blau" gehalten.
Je zweimal vertreten sind dabei der Görlitzer Park und der Volkspark Friedrichshain – Grünanlagen, die nicht ausschließlich mit Idylle verbunden werden. Henning Kreitel ist das selbstverständlich bekannt. Sein Bild-Text-Zusammenhang bietet deshalb sehr viel Raum für Interpretationen. Neben einem Görli-Foto, das Stufen zeigt, die anscheinend ins Nirgendwo führen steht in der Schreibweise des Autors: "einst zusammengeschweißt. gemeinsamer weg. heut. entzweit. langer stiller morgen. beider letzter moment."
Lyriker beschäftigen sich in der Regel nicht unbedingt mit Fotografie. Fotografen eher selten mit lyrischer Produktion. Beides sei aber gar nicht so weit voneinander entfernt, findet der 37-Jährige Kreitel. Beobachtungsgabe und der Sinn für ein Detail verbinde beide. Bei ihm zumindest war es so, dass er Fotografie studiert hat. Als er damit begann, war Henning Kreitel bereits Mitte 20 und hatte zuvor eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert. Parallel dazu machte er sich an das Verfassen von Versen. Sie fanden einigen Anklang, sind veröffentlicht in Anthologien, Zeitschriften und den beiden Büchern.
Leben lässt sich aber nicht allein von der Lyrik. Schon eher von der Fotokunst. Die führte Henning Kreitel auch schon auf ganz andere Wege, als durch Berliner Parks. Etwa zum 500. Jahrestag der Reformation im Jahr 2017 zu einem Bildband samt Ausstellung mit Schauplätzen des Lebens und Wirkens von Martin Luther.
Im selben Jahr entstanden seine Aufnahmen im Buch "Noch'n Bier", eine Hommage an die West-Berliner Traditionskneipe. Darin enthalten sind natürlich auch einige Kreuzberger Lokale vom "Schlawinchen" in der Schönleinstraße bis zum "Heidelberger Krug" am Chamissoplatz. Im Sommer erscheint ein weiteres Werk, das sich mit originellen Kaffeehäusern in der Hauptstadt beschäftigt. Henning Kreitels lokaler Bezug ist Friedrichshain, wo er seit acht Jahren mit Frau und inzwischen auch einem kleinem Kind lebt. Eine interessante, inspirierende Gegend, schon wegen der stetigen Veränderung und der Gleichzeitigkeit von manchem, was auf den ersten Blick überhaupt nicht zusammenpasse, meint er. Etwa, wenn sich an den quirligen Kiez am Nordrand die Grünanlage des Volksparks anschließe.
Nicht nur solche Eindrücke sollen sich in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft in einen weiteren Projekt wiederfinden. Henning Kreitel plant einen Roman mit Berlin als Mittelpunkt.
Der Lyrikband "Im Stadtgehege" und das Kneipenbuch "Noch'n Bier" sind im Mitteldeutschen Verlag erschienen. Preis: zwölf, beziehungsweise 12,95 Euro.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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