Üppiger, aber nicht ganz ohne Risiko
BVV beschließt Doppelhaushalt 2020/21
Das Ergebnis war eindeutig. Von 47 anwesenden Bezirksverordneten stimmten 36 dem Zahlenwerk zu. Sieben votierten dagegen, vier enthielten sich. Der Doppelhaushalt 2020/21 für Friedrichshain-Kreuzberg ist unter Dach und Fach.
Er hat einen Umfang von rund 768 Millionen Euro für das kommende Jahr und etwa 781 Millionen für 2021. Viel Geld, mit dem sich einiges anstellen lässt. Auch wenn, wie schon mehrfach erwähnt, dem Bezirk lediglich etwa zehn Prozent zur eigenen Verfügung bleiben. Aber anders als in der jüngeren Vergangenheit ist auch dieser Topf ganz gut gefüllt. Was zu einiger Großzügigkeit beitrug. Es konnten manche dringende Aufgaben besser finanziell unterfüttert und ein paar Geschenke gemacht werden.
Mit Risiko: Trotz üppigerem Rahmen einigermaßen Augenmaß zu behalten, ist naturgemäß die Aufgabe einer Finanzstadträtin. Also die von Clara Herrmann (Bündnis90/Grüne). Ja, es gebe mehr zu verteilen, betonte auch sie. Was nicht nur bei ihr, sondern allen Rednern des grün-rot-roten Bezirksbündnisses mit einem Dank an die rot-rot-grüne Landesregierung verbunden war. Gleichzeitig erinnerte Clara Herrmann aber an Risiken und Unwägbarkeiten. Etwa die, dass der Senat künftig plant, nicht ausgegebene Personalmittel zurückzufordern. Gerade aus diesem Topf hat Friedrichshain-Kreuzberg bisher manche Deckungslücke gestopft.
Geld einsparen muss der Bezirk ohnehin noch. Denn die Haushaltsansätze liegen für 2020 um zwei, in 2021 um 2,5 Millionen Euro höher, als an Budget vorhanden ist. Erstmal ist das kein Problem. Ein Minus von bis zu einem Prozent der Gesamtsumme kann zunächst angemeldet werden. Aber es muss während der jeweiligen Haushaltsjahre abgedeckt werden.
Die Schwerpunkte: Ein effektiveres Personalmanagement war auch ein Beispiel für die Haushalts-Highlights, die die Finanzstadträtin besonders hervorhob. Dazu gehören auch zusätzliche Investitionen und Mitarbeiter in den "bauenden Bereichen", beim Tiefbau nicht zuletzt für weitere Anstrengungen in Richtung Mobilitätswende, etwa zusätzliche Fahrradwege. Auch das geplante Umrüsten des bezirklichen Fuhrparks auf Zweiräder und Elektrofahrzeugen gehört in diese Kategorie.
Für die Sanierung und Instandhaltung von Spielplätzen gibt es ebenfalls mehr Geld. Ebenso wie für die Kulturförderung. Die Bibliotheken erhalten eine mobile Mediathek. Und nicht zu vergessen der Schulbereich.
Auseinandersetzungen und Scharmützel: Fast jede Fraktion hatte ihre Biotope, die sie besonders gepflegt sehen wollte. Die Grünen forcierten beispielsweise noch auf der Zielgeraden die Finanzierung einer Antidiskriminierungsbeauftragten an den Schulen. Zusammengekratzt mit Geld, das von anderen Posten abgezweigt wurde. Auch für weitere personelle Aufrüstung im Bereich der Klimaschutzbeauftragten hatte sich die Bündnispartei stark gemacht. Wie schon zuvor die FDP. Deshalb erhoben die Liberalen den Vorwurf, die Grünen hätten ihr Anliegen kopiert. Was die vehement zurückwiesen. Vielmehr wäre der FDP-Antrag auf Kosten einer weiteren Stelle im BVV-Büro gegangen. Das sei mit ihnen aber nicht zu machen gewesen. Am Ende wurden beide Anträge abgelehnt.
Die zweiköpfige FDP-Gruppe brachte mit knapp 30 Änderungsanträgen auch mit Abstand die meisten in die Debatte ein. Fast alle erfolglos. Ausnahme war die Forderung, den Wiederaufbau der Brommybrücke auch im Haushaltsplanentwurf aufzunehmen.
Außergewöhnlich und skurril: Das Bezirksamt wird für etwa 60 000 Euro einen Mini-Bagger anschaffen, um kleinere Bauaufträge nicht mehr ausschreiben zu müssen. Im Rahmen der sogenannten Schlüsselverträge wird mehr Geld an die Sportvereine verteilt. Davon profitieren sollen aber nur solche, die auch Angebote für Frauen und Mädchen haben.
Die Linken setzten eine Summe von 10 000 Euro durch, mit der Verkehrskurse für Erwachsene finanziert werden sollen. Sie scheiterten dagegen mit dem Vorstoß, auf Werbeerlöse an Reklamebannern zu verzichten, in deren Nähe sich Kinder und Jugendliche aufhalten. Bei Erfolg wären 28 000 Euro weniger im Haushalt gewesen.
Und die BVV hat sich einen Topf, gefüllt mit 10 000 Euro, für mögliche Rechtsauseinandersetzungen mit dem Bezirksamt genehmigt. Begründung: Weil die Antwort vor allem eines Stadtrats auf Anfragen von Bezirksverordneten häufig sehr lange aus sich warten lassen, müssten sie künftig vielleicht juristisch erzwungen werden. Die Kosten für so ein Verfahren dürfe dann aber nicht den Fragestellern aufgebürdet werden.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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