Warum manchmal niemand abhebt
Eine Bestandsaufnahme zum Ordnungsamt

Wer beim Ordnungsamt arbeitet, braucht manchmal einen breiten Rücken. | Foto: Thomas Frey
  • Wer beim Ordnungsamt arbeitet, braucht manchmal einen breiten Rücken.
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Das Ordnungsamt ist in den vergangenen Wochen zu einigen Schwerpunkteinsätzen ausgerückt. Vor allem der ruhende Verkehr stand dabei im Fokus. Also Falschparker.

Das Amt funktioniert, sollte diese geballlte Präsenz unterstreichen. Vor allem die Grünen haben, wie berichtet, daran Zweifel. Weshalb sie in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Ende September mit einer Großen Anfrage vorstellig wurden. Ordnungsstadtrat Andy Hehmke (SPD) brauchte fast eine Stunde Zeit für seine Antworten. Trotzdem blieb auch danach noch Nachfrage- und Mitteilungsbedarf.

Mehr als Außendienst. Im Ordnungsamt arbeiten, laut Hehmke, aktuell 156 Menschen. Der Außendienst, also die sogenannten Kiezstreifen, wäre dabei nur eine, wenn auch wichtige Aufgabe. Auch die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht, die Gewerbeaufsicht, das Kontrollieren des Jugend- und Nichtraucherschutzes und die Parkraumbewirtschaftung gehörten zum Amt. Und bis zum Frühjahr ebenfalls die Koordination von Festen und anderen Veranstaltungen im öffentlichen Raum.

Kommen und Gehen. Bei den Kiezstreifen gibt es inzwischen 34 Stellen, von denen derzeit aber nur 30 besetzt sind. Zwei dauerkranke Mitarbeiter sorgen ebenso für das Defizit wie immer wieder Abgänge und der längere Vorlauf, bis ein Posten wieder besetzt ist.

2018 konnten drei neue Beschäftigte eingestellt werden. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie sich selbst refinanzieren. Deshalb werden sie vornehmlich mit Aufgaben wie der Kontrolle des ruhenden Verkehrs betraut. Elf weitere Kolleginnen und Kollegen soll es im Rahmen des Aktionsprogramms "Saubere Stadt" geben. Sie sollen sich vor allem um Müll- und Dreckecken kümmern. Allerdings konnten mangels Nachfrage bisher nur vier Stellen besetzt werden.

Er hätte sich hier ein größeres Betätigungsfeld gewünscht, sagte Andy Hehmke. Das sei gegeben, konterten die Grünen. Sie hätten dafür gesorgt, dass der Aufgabenbereich ausgeweitet wurde.

Viele Brennpunkte. Der Außendienst soll Falschparker ermitteln, nicht sachgemäß entsorgtem Abfall oder illegalem Grillen in Parks nachspüren. Jetzt auch verstärkt per Fahrrad. Die bessere Mobilität muss aber zunächst in den Arbeitsverträgen festgeschrieben werden. Besonders von der BVV gewünscht ist außerdem die Präsenz vor Schulen. Dem komme der Außendienst regelmäßig nach, so der Stadtrat. Bis zum Jahresende wäre er an jeder Grundschule mindestens ein Mal vorstellig geworden.

Und nicht zu vergessen, der immer wiederkehrenden Aufreger: nächtliche Ruhestörung. Hier bleibt bisher das Problem, dass die Dienstzeit der Ordnungsamtspatrouillen normalerweise spätestens um 22 Uhr zu Ende ist. Es habe aber, so Hehmke, auch im vergangenen Sommer in besonders frequentierten Kiezen freiwillige Sonderschichten bis Mitternacht gegeben.

Kein Anschluss. Die telefonische Erreichbarkeit oder Nichterreichbarkeit des Ordnungsamtes war ein weiterer Punkt. Die Grünen führten 50 Anrufe zwischen Dezember 2017 und April 2018 an, bei denen nur elf Mal jemand im Amt abgehoben habe.

Für das Telefon sei in jeder Schicht ein Mitarbeiter verantwortlich, führte Hehmke aus. Hänge der gerade an einer anderen Leitung, könne nicht noch parallel ein weiterer Anruf bedient werden. Das gelte auch, wenn alle Kollegen mit anderen Aufgaben beschäftigt seien. Ohnehin sei das Bürgertelefon nicht mit einer Wache oder Leitzentrale, wie etwa bei der Polizei, zu vergleichen. Dort weitere Beschäftigte zu installieren, würde zu Lasten des Außendienstes gehen.

Auskünfte, die die Grünen nicht befriedigten. Aber vielleicht hätten die mit ihren Kontrollanrufen erst recht für Überlastung gesorgt, gab der SPD-Bezirksverordnete John Dahl zu bedenken. Und wären deshalb möglicherweise verantwortlich dafür, dass Bürger mit wirklich wichtigem Gesprächsbedarf keinen Anschluss gefunden haben.

Die Anrufe seien von Mitgliedern der Initiative Volksentscheid Fahrrad getätigt worden, klärte der Grüne-Fraktionsvorsitzende Julian Schwarze auf. Bei allen habe es ein konkretes Anliegen gegeben.

Kampf gegen Windmühlen? Die Aufgaben des Ordnungsamtes werden auch in Zukunft nicht weniger, erklärte der Stadtrat und verwies unter anderem auf die zahlreichen Onlinemeldungen. Bei diesen Hinweisen nehme Friedrichshain-Kreuzberg teilweise sogar die Spitzenposition aller Berliner Bezirke ein. Flächendeckend sofort jede Ordnungswidrigkeit aufzuspüren, wäre schon wegen der Personalstärke kaum möglich. Deshalb werde es auch in Zukunft Anmerkungen zu Defiziten geben. So sehr das Amt dagegen ansteuere.

"Statt Jammerei wollen wir Lösungen", postulierte dagegen der Grüne- Bezirksverordnete David Hartmann. Unter den Bürgerbeschwerden machten Klagen über das Ordnungsamt noch immer den größten Teil aus.

Hartmann sowie die Fraktionsmitglieder Thomas Weigelt und Filiz Keküllüoglu haben für die BVV am 17. Oktober bereits die nächste Große Anfrage zum Thema vorbereitet. In deren Mittelpunkt steht die Verkehrsüberwachung per Fahrrad.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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