Sitzung für die Ewigkeit
Maskierte BVV in der Sporthalle

Ein ungewöhnliches Auditorium. | Foto: Foto: Thomas Frey
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Vor dem Zutritt erst einmal die Desinfektion. Überzieher für die Schuhe, wie sie sonst beim Betreten von Hallenbädern in Zivilkleidung üblich sind. Und natürlich galt, wenn auch nicht erzwungen: Masken anlegen.

Im ersten Moment erinnerte das an eine Katastrophenschutzübung. Der Ort, die Flatow-Sporthalle am Schlesischen Tor, trug ihren Teil zur Szenerie bei. Zusammengenommen ergab sich daraus eine Premiere. So hatte ein Bezirksparlament in Friedrichshain-Kreuzberg noch nie getagt. Eine in die Annalen eingehende Sitzung am 29. April in Zeiten von Corona.

Dass sie einem besonderen Ereignis beiwohnten, war auch allen Beteiligten klar. Es wurde mal ernsthaft, mal eher ironisch kommentiert. Wobei die Kommunikation nicht ganz leichtfiel. Denn selbstverständlich galten auch die Abstandsregeln – Einzelplätze für jedes BVV-Mitglied, um den Sitz herum um die zwei Meter Platz, dazu ein reduziertes Auditorium. 31 statt 54 Bezirksverordnete durften teilnehmen. 30 waren es dann.

Publikum war nicht zugelassen, konnte das Geschehen aber per Videostream verfolgen. Außer Medienvertretern beschränkte sich die Anwesenheit auf einige Beschäftigte aus dem Bezirksamt. Denen wurde insgesamt in einer einstimmig angenommenen Resolution für ihren Einsatz in den vergangenen Wochen gedankt.

Mikrofon nach jedem Redebeitrag desinfiziert

In der Sporthalle anwesend waren vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Ablauf und die Standards in Corona-Zeiten gewährleisten sollten, etwa aus dem Schul- und Sportamt oder Astrid Rehbaum und Uwe Collet vom BVV-Büro. Letzterer desinfizierte nach jedem Redebeitrag Mikrofon und Pult.

Zwischen Rednern und Tonanlage gab es nicht sofort ein völliges Einvernehmen. Mal war das Gesagte nur schrill und übersteuert zu vernehmen, dann wieder kaum zu hören. Und Ansprachen mit Maske sind ohnehin gewöhnungsbedürftig. Mit der Zeit pegelte sich das dann einigermaßen ein.

Die Tagesordnung war ziemlich ausgedünnt. Bis sie abgearbeitet war, vergingen dann doch fast zwei Stunden. Auch wenn das für Friedrichshain-Kreuzberger BVV-Verhältnisse eher unterdurchschnittlich ist. Aber es gab einigen Themen- und vor allem Fragebedarf nach rund sechswöchiger parlamentarischer Pause. Wie nicht anders zu erwarten, hingen die meisten irgendwie mit Corona zusammen.

Pascal Striebel (Bündnis90/Grüne) wollte wissen, ob die Schulen auf die jetzt schrittweise Öffnung vorbereitet seien. Antwort des zuständigen Stadtrats Andy Hehmke (SPD): Unter den bisherigen Vorgaben, nämlich erst einmal einige Jahrgangsstufen zurück zum Unterricht zu holen, ja. "Aber alle gleichzeitig wieder vor Ort wird unter dem derzeitigen Abstandsmodell nicht zu organisieren sein." Hehmke vergaß auch nicht zu erwähnen, dass der Bezirk in Eigenregie Desinfektionsmittel für die Schulen organisiert habe.

Präsenz zeigen

Kolja Fuchslocher (Linke) fragte, ob daran gedacht sei, zumindest einige Angebote bei den Familienzentren und der offenen Jugendarbeit wieder zu starten. "Derzeit nicht", entgegnete der stellvertretende Bürgermeister Knut Mildner-Spindler (Linke).

Der Antrag von Timur Husein sorgte sogar für eine, wenn auch nicht ausufernde Debatte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende hatte verlangt, die Wiedereröffnung der Spielplätze im Bezirk bis zum 10. Mai zu verschieben. Das wurde mit großer Mehrheit abgelehnt unter anderem mit dem Hinweis, Kinder bräuchten jetzt unbedingt mehr Möglichkeiten und Bewegung. Aber vor allem einige Vertreter der SPD fanden Huseins Forderung nachvollziehbar. Der begründete sie unter anderem mit dem Ablauf des BVV-Abends. Es werde penibel auf Einhalten aller Schutzbestimmungen geachtet, er könne sich aber nicht vorstellen, dass gleiches auf jedem Spielplatz passiere.

Bei der Sitzung ging es auch darum, Präsenz zu zeigen, deutlich zu machen, der Politikbetrieb geht weiter, Schwierigkeiten inbegriffen. Außerdem mussten gesetzliche Vorgaben erfüllt werden. Zwischen zwei BVV-Terminen dürfen laut Bezirksverwaltungsgesetz höchstens zwei Monate liegen. Diese Frist war Ende April abgelaufen.

Auch die Ausschussberatungen beginnen wieder. Geplant sind verschiedene Formate, teilweise nur online, manchmal auch als analoge Treffen. Der Termin in der Sporthalle soll sich nicht wiederholen. Aber wer weiß das derzeit schon ganz genau.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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