"Pflichtwidrig gehandelt"
Rechnungshof rügt Bezirksamt wegen Ausübung von Vorkaufsrechten

Für die Rigaer Straße 101 konnte die Diese eG den Kaufpreis nicht zahlen, eine andere Genossenschaft übernahm das Gebädue.  | Foto: Thomas Frey
  • Für die Rigaer Straße 101 konnte die Diese eG den Kaufpreis nicht zahlen, eine andere Genossenschaft übernahm das Gebädue.
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Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) steht die nächste Rücktrittsforderung ins Haus. Grund dafür ist der Jahresbericht des Rechnungshofes. Der bescheinigt ihm das "pflichtwidrige Ausüben von Vorkaufsrechten".

Es geht um das Vorkaufsrecht, das das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg zugunsten der Diese eG ausgeübt hat. Zwischen Mai und August 2019 tat es das sechs Mal. Damit habe das Bezirksamt eine gesamtschuldnerische Haftung in Höhe von mehr als 27 Millionen Euro begründet – und zwar ohne die finanzielle Leistungsfähigkeit der Genossenschaft im Vorfeld ausreichend geprüft zu haben. In fünf Fällen habe das Bezirksamt das Vorkaufsrecht zugunsten der Diese ausgeübt, "obwohl die Finanzierungsplanung der Genossenschaft einen Zuschuss des Landes vorsah, dessen rechtliche Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt nicht vorlagen", kritisieren die Finanzwächter. Zudem seien weder die Beauftragte für den Haushalt noch das Rechtsamt in das Verfahren einbezogen worden. Das Bezirksamt habe "in keinem einzigen Fall vor Ausübung des Vorkaufsrechts finanzierungsrelevante Erklärungen etwaiger Kredit- oder Zuschussgeber von der Genossenschaft vorlegen lassen", heißt es in dem Jahresbericht. Sogar ein bezirksamtsinterner Hinweis, dass die Finanzierung im Vorfeld geklärt werden muss, "blieb ohne erkennbare Reaktion".

Und tatsächlich: In zwei Fällen konnte die Genossenschaft den Kaufpreis bei Fälligkeit nicht zahlen. In einem Fall sprang eine andere Genossenschaft als Käufer ein, im anderen nahm die Diese eG eine private Zwischenfinanzierung in Anspruch und zahlte verspätet. Durch sein "vorschriftswidriges Handeln" seien dem Bezirksamt Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 270 000 Euro entstanden, teilt der Rechnungshof mit.

"Bonitätsprüfung nicht überspannen"

In seiner Stellungnahme bestritt das Bezirksamt, entgegen der Vorgaben des Baugesetzbuches gehandelt zu haben. "Anforderungen an die Bonitätsprüfung dürften nicht überspannt werden", weil sonst die Ausübung des Vorkaufsrechts innerhalb des gesetzlichen Ausübungszeitraums unmöglich sei, teilte es unter anderem dem Rechnungshof mit. Doch die Erklärungen überzeugten ihn nicht.

"Florian Schmidt hat dem kommunalen Vorkaufsrecht geschadet", findet die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). "Der grüne Baustadtrat hat einen politischen Alleingang gestartet und klare Ansagen der Landesebene missachtet. Er hat politisches Roulette gespielt und die finanzielle Handlungsfähigkeit des Bezirkes aufs Spiel gesetzt", schreibt die Fraktion und fordert seinen Rücktritt. Ansonsten werde man seine Abwahl beantragen.

"Hoch riskante Immobiliengeschäfte aus politischen Gründen" habe Schmidt betrieben, schreibt Christian Goiny, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion Berlin. Deren Vorsitzender, Burkard Dregger, spricht von einem "selbstherrlichen Alleingang" Schmidts, bei dem Steuergelder "weitgehend ungeprüft für eine klientelorientierte Wohnungspolitik missbraucht" worden seien. Das sei ein Fiasko für die Stadt.

Das sieht Florian Schmidt offenbar anders. In einer Pressemitteilung des Bezirksamtes schreibt er: "Für das Land Berlin bestand grundsätzlich kein außerordentliches finanzielles Risiko, weil die Häuser unter dem Verkehrswert erworben wurden und notfalls ein Weiterverkauf hätte durchgeführt werden können.“ Darüberhinaus teilte da Bezirksamt mit, die Empfehlungen des Rechnungshofes hinsichtlich verwaltungsinterner Abläufe umzusetzen.

Autor:

Simone Gogol-Grützner aus Zehlendorf

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