Altes aus 2018 und Neues in 2019
Resümee und Ausblick der Bürgermeisterin Monika Herrmann
Jahreswechsel sind zwar Zeiten für Bestandsaufnahmen. Aber natürlich halten sich viele Fragen und Probleme nicht an den Kalender. Deutlich wurde das auch beim Gespräch von Berliner-Woche-Reporter Thomas Frey mit Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne).
Das abgelaufene Jahr sei vom Komplex Wohnen und Mieten geprägt gewesen. Das sagten Sie Ende 2017. Daran hat sich wahrscheinlich wenig geändert...
Monika Herrmann: Stimmt. Zuletzt hat sich das an der Karl-Marx-Allee noch einmal gezeigt. Ich hoffe, dass die jetzt gefundene Lösung im Sinne der Mieter umgesetzt werden kann. Also entweder Kauf ihrer Wohnung oder Übernahme durch eine Wohnungsbaugesellschaft. Aber auch andere Fragen werden uns weiter beschäftigen. Besonders das Thema Verkehr. Schritte zu einer wirklichen Mobilitätswende.
Das haben Sie ebenfalls bereits vor einem Jahr herausgestellt...
Monika Herrmann: Und seither hat sich zu wenig bewegt. Ich nenne nur das Beispiel mehr Radspuren und -streifen, wo wir noch nicht entscheidend weiter gekommen sind. Das liegt auch an unseren Versäumnissen. Ebenso wie die effektivere Kontrolle von Falschparkern, gerade auf Radwegen. Ich finde, das Ordnungsamt könnte viel schneller und gezielter gegen solche Verstöße vorgehen. Auch mit einem bezirklichen oder vom Bezirk beauftragten Abschleppdienst. Wir arbeiten auch mit Hochdruck an einer besseren Personalausstattung. Mehr Aufgaben heißt nämlich auch, ich brauche das entsprechende Personal.
Gab es weitere Ärgernisse in 2018?
In Sachen Tourismuskonzept haben wir auch noch Nachholbedarf. Visit.Berlin ist auf der einen Seite unser Partner, andererseits verfolgen wir teilweise unterschiedliche Ziele. Ich bin ja nicht gegen Tourismus, er sollte aber nicht nur eindimensional aus dem Partypublikum bestehen. Der Versuch von Visit.Berlin, Menschen mit dem Hinweis auf Sehenswürdigkeiten in die Außenbezirke zu locken, geht nicht weit genug. Wenn schon, dann müsste es auch dort angesagte nächtliche Angebote geben. Überspitzt gesagt: ein Berghain in Spandau.
Und was hat Sie im abgelaufenen Jahr besonders gefreut?
Monika Herrmann: Die erfolgreichen Wahlen zum Parkrat für den Görlitzer Park. Ein erfolgreiches Beispiel für noch mehr Bürgerbeteiligung. Was sich schon an der Teilnahme von rund 1200 Menschen bei dieser Wahl zeigte.
Ebenfalls ein neuer alter Dauerbrenner ist die Situation in den Kitas und Schulen...
Monika Herrmann: Bei den Kitaplätzen haben wir in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. Was häufig auch Kindern aus anderen Bezirken zugute gekommen ist. Darauf habe ich hingewiesen, was mit teilweise als "Friedrichshain-Kreuzberg First"-Strategie ausgelegt wurde. Aber ich finde, die Wohnortnähe sollte ein wichtiges Kriterium für die Platzvorgabe sein. Und in vielen Tagesstätten wird das bereits praktiziert, auch wenn das offiziell niemand sagen darf. Eine Entfernung von maximal 30 Minuten Fußweg bis zur Kita könnte eine Zielmarke sein. Und nicht wie bisher 30 Minuten Anfahrtszeit.
Was die Schulneubauten betrifft, sehe ich weiter massive Probleme. Der Neubau des Heinrich-Hertz-Gymnasiums am Ostbahnhof soll um das Jahr 2026 erfolgen. Was viel zu spät ist, denn das bisherige Gebäude des Hertz-Gymnasiums wird eigentlich schon jetzt als neuer Grundschul-standort gebraucht. Dieses Bauvorhaben ist das einzige, das die Wohnungsbaugesellschaft Howoge, beziehungsweise eine dafür gegründete Tochtergesellschaft, im Bezirk im Rahmen der Schulbauoffensive errichten soll. Ich halte dieses Howoge-Konstrukt zumindest für zwiespältig. Einerseits gibt es dadurch mehr finanziellen Spielraum für das Land, Stichwort Schuldenbremse. Auf der anderen Seite bezahlt Berlin dafür Miete, gibt es langfristige Erbbaurechtsverträge. Das kann höchstens dann funktionieren, wenn die Howoge niemals verkauft wird.
Ein Thema, das 2019 wahrscheinlich eine noch größere Rolle spielen wird, sind die Diskussionen um eine Verwaltungsreform. Wie positionieren Sie sich dabei?
Monika Herrmann: Ich bin dafür Doppelzuständigkeiten abzubauen und klarere Strukturen zu schaffen. Aber ich gehe immer von den Bezirken aus. Sie sind der Sockel, auf dem die ganze Verwaltung steht. Die Landesebene bildet das Dach. Das kann wie auch immer ausgestaltet sein, aber es muss ein sicheres Fundament haben.
Den Bezirksbürgermeistern mehr Befugnisse, etwa eine Richtlinienkompetenz zu geben, ist nicht mein größtes Problem. Ich kann verstehen, dass es Kollegen gibt, die das forcieren, weil sie und ihre Partei im Bezirksamt sogar eine Minderheit darstellen. Aber der Zwang zu Kooperation und Kompromiss ist eine Chance, Demokratie jenseits bisher meist üblicher Formen zu praktizieren. Dazu gehört, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren und keine Scheindebatten zu führen. Auch in Friedrichshain-Kreuzberg gelingt das oft nicht. Mehr gerne leidenschaftliche aber gleichzeitig zielführende Diskussionen wünsche ich mir für 2019.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.