Unter Druck
Wirbel um ein Plakat des Bezirksmuseums
Die gezeichnete Figur hat keine sympathischen Züge. Soll sie auch nicht haben. Nicht nur für Burkard Dregger weist sie deshalb Stereotypen auf, die an ganz dunkle Zeiten erinnern.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus sieht „übelste Machart der Hetzpropaganda von Nazis und sozialistischen Diktaturen“ am Werk. Ähnliche Ansichten fanden sich auch bei Twitter, während Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) dort vor allem den Beitrag eines Journalisten als „Scharfmacherei“ bezeichnete.
Der Grund für die ganze Aufregung ist ein Plakat, das für einen Workshop in der Druckwerkstatt des Friedrichshain-Kreuzberg Museums am 14. und 15. September geworben hatte. Er hatte den Titel „Mach dir (d)ein Protestplakat“ und wandte sich an Jugendliche und Erwachsene ab 14 Jahren. Es ging um selbst hergestellte Poster zum Thema Wohnen und Mieten. Auch als Vorbereitung auf die nächste Mietendemo, wie in der Ankündigung ebenfalls suggeriert wird.
Die Illustration zeigt einen dicken Mann mit Zigarre, der unschwer als „böser Kapitalist“ zu erkennen ist. Die Tafel mit der Aufschrift „Mieterhöhung“ unterstreicht das. Entgegen gehalten wird sie einer kleinen in rot gehaltenen Person, die aber immerhin mit Schild und Schwert bewaffnet ist. Unterschrift: "Kämpft gegen die Gier“.
Vorwurf: "Sozialistische Kampfplakate"
Burkard Dregger sieht deshalb zum einen Analogien an „sozialistische Kampfplakate“. Auch weil „Schild und Schwert“ zu DDR-Zeiten als Begrifflichkeit für die Stasi verwendet wurde. Desweiteren erinnere ihn diese Zeichnung aber auch an die „widerwärtige Hetze des Stürmers“.
In dem Nazi-Kampfblatt wurden Juden bevorzugt als reiche und gierige Ausbeuter dargestellt. Dass das Motiv daran anknüpft, weil es zumindest einen antisemitischen Subtext transportiere, fanden auch die Verfasser mehrerer Tweets. „Erinnert mich an ein NSDAP-Plakat“, meinte einer. „An der Nase des Schuldigen müsst ihr noch arbeiten. Ekelhaft!“, lautete ein anderer Kommentar.
In einer Stellungnahme bemühte sich das Bezirksamt danach um Aufklärung und auch Schadensbegrenzung. Die Illustration sei von einer Schülerin oder eines Schüler, wegen der Gender-Schreibweise wurde das nicht wirklich deutlich, im Rahmenprogramm zur Ausstellung über die Revolution 1918/19 in Friedrichshain-Kreuzberg erarbeitet worden, hieß es dort. Ihre „Bildsprache“ habe Plakatbeispiele aus dieser Zeit aufgegriffen.
Nur Kreuzberger Diskurse verarbeitet
Der Workshop sei wiederum Teil des Begleitprogramms der Ausstellung „Dach über Kopf“ gewesen. Wie bereits berichtet, geht es in dieser Schau um den Kampf ums Wohnen im Bezirk vom 19. Jahrhundert bis heute. Protest und öffentlicher Diskurs zu diesem Thema wie zu anderen gesellschaftlichen Fragestellungen „gehören zum Selbstverständnis von Friedrichshain-Kreuzberg“. Es sei deshalb auch Aufgabe des Museums, sie aufzugreifen. Gerade aktuell, wo Mietsteigerungen und Verdrängung viele Einwohner beschäftigen würden.
Gleichzeitig zeigten sich Bezirksamt und Museum „überrascht“ von den Vorwürfen. „Wir stellen uns entschieden gegen jegliche Diskriminierung und Antisemitismus“. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang unter anderem auf die zahlreichen Stolpersteinverlegungen und das Gedenktafelprogramm.
Schon vor dieser Erklärung hatte Burkard Dregger Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Nach seiner Meinung werden Jugendliche politisch für Propagandazwecke instrumentalisiert. Und die Bildunterschrift sei ein „Aufruf zur Gewalt“.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.