Einstürzende Schulbauten: In Steglitz-Zehlendorf besteht ein Sanierungsbedarf in Höhe von 400 Millionen Euro

Der Putz fällt von der Fassade: Die Fichtenberg-Oberschule an der Rothenburgstraße ist ein besonders krasser Sanierungsfall. | Foto: Schilp
  • Der Putz fällt von der Fassade: Die Fichtenberg-Oberschule an der Rothenburgstraße ist ein besonders krasser Sanierungsfall.
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Steglitz-Zehlendorf. Marode Dächer, kaputte Fenster, gesperrte Turnhallen, provisorische Bauten, die ihre Lebensdauer längst überschritten haben: Auf 400 Millionen Euro schätzt das Bezirksamt den Sanierungsbedarf an seinen Schulen. Der Bezirkselternausschuss (BEA) fordert seit Jahren ein Umdenken.

Seit 2006 veröffentlicht der Ausschuss einen Online-„Adventskalender“ unter dem Titel „Einstürzende Schulbauten“. Bis zum 24. Dezember stellt eine Schule täglich ihre Probleme dar: in der Kronachschule regnet es zum Beispiel seit Jahren rein. Das Flachdach ist undicht. Die Fassade des alterehrwürdigen Beethoven-Gymnasiums zerbröckelt und die gesamte Elektroanlage muss dringend saniert werden. Und in der Turnhalle der Alt-Lankwitzer Grundschule wächst der Efeu.

„Und das sind nicht unbedingt die schlimmsten Fälle“, sagt Daniela von Treuenfels. Die frühere BEA-Vorsitzende ist heute im Vorstand der „Stiftung Bildung“. Sie hat den Adventskalender erfunden und unter dem Titel „Einstürzende Schulbauten“ einen Internet-Blog unter wunschzettel.stiftung.bildung.com eingerichtet.

Laut von Treuenfels haben nicht alle Schulleiter den Mut, die Missstände öffentlich zu machen. „Viele schweigen, wenn nur der Hauch einer Chance besteht, dass sich etwas ändert.“

Dem Bezirksamt wirft sie vor, kein offenes Ohr für die Sorgen der Eltern und Kinder zu haben, sich vor verbindlichen Zusagen zu drücken und eine „klare Klientelpolitik“ zu betreiben. „Das Dahlemer Arndt-Gymnasium, das Kinder der CDU-Politiker besuchen, wird für Millionen saniert, während das Steglitzer Fichtenberg-Gymnasium jahrelang verfallen ist.“

Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) weist die Vorwürfe zurück. „Dass ich eine Schule der anderen vorziehe, stimmt nicht.“ Die Arndt-Schule erhalte Investitionsmittel, die gar nicht für die Sanierung von Schulen verwendet werden dürften. Der Bezirk investiere dagegen den Löwenanteil der ihm zur Verfügung stehenden Gelder für bauliche Unterhaltung und Investitionen in die 62 öffentlichen Schulen. „Das hat für uns eine sehr, sehr hohe Priorität.“ Allerdings werde das öffentliche Bauen immer teurer. Weil das Bezirksamt zu wenige Mitarbeiter habe, müssten Planungen an externe Architekten gegeben werden – gegen saftige Honorare. Ausschreibungen seien so kompliziert geworden, dass sich mittelständische Firmen oft gar nicht bewerben würden und man dann nur die Wahl zwischen sehr teuren Angeboten habe.

Mit einem geschätzten Sanierungsstau von 400 Millionen Euro stehe Steglitz-Zehlendorf berlinweit an der Spitze, räumt Richter-Kotowski ein. Ein echter Vergleich zwischen den Bezirk sei allerdings bislang nicht möglich gewesen. Erst jetzt schaffe das Land eine einheitliche Datenbank für eine Bestandsaufnahme. „Wir arbeiten mit seriösen Zahlen. Ich bin hundertprozentig sicher, dass ähnliche Summen in den anderen Bezirken herauskommen“, sagt die Stadträtin.

Birgitt Unteutsch, Vorsitzende des Bezirkselternausschuss kritisiert, dass es Steglitz-Zehlendorf in den vergangenen Jahren versäumt habe, einen „vernünftigen Schulentwicklungsplan“ aufzustellen: „Ewig lange ist fälschlicherweise von rückläufigen Schülerzahlen ausgegangen worden.“

Grundsätzlich kritisiert sie auch, dass Kompetenzen nicht in einer Hand verbleiben. Überschreiten beispielsweise Baukosten wider Erwartungen die Fünf-Millionen-Euro-Grenze, übernimmt die Senatsverwaltung die Regie. Unteutsch: „Dann wird nochmals geprüft und weitere Zeit verstreicht.“ So geschehen im Fall der Turnhalle der Karpfenteich-Schule, die seit acht Jahren geschlossen ist.

Hamburg zeige, wie die Schulen besser verwaltet werden können. In der Hansestadt ist eine einzige Behörde, ein Landesbetrieb, für alle Schulen verantwortlich. Durchschnittlich werden dort innerhalb von drei Jahren Sanierungs- und Bauvorhaben verwirklicht. "In Berlin dauert es acht Jahre", erklärt Unteutsch. Die Hamburger hätten es in fünf Jahren geschafft, ihren Schulsanierungsstau von 2,6 auf 1,3 Milliarden Jahren zu halbieren. Verlässliche Zahlen für Berlin gebe es nicht, bedauert Unteutsch. Es sei aber mindestens von zwei Milliarden auszugehen. sus

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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