Schöner Wohnen
Ideal-Passage setzte vor über hundert Jahren Maßstäbe fürs soziale Bauen

Grüner Ausblick: Von ihren Fenstern und Balkonen blicken die Bewohner der Ideal-Passage auf Bäume und Hecken. | Foto: Schilp
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  • Grüner Ausblick: Von ihren Fenstern und Balkonen blicken die Bewohner der Ideal-Passage auf Bäume und Hecken.
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Viele laufen achtlos an der Ideal-Passage vorüber, dabei ist sie ein beachtenswertes Modell für soziales Wohnen. Die Anlage zwischen Fuldastraße 55 und Weichselstraße 6 wurde vor mehr als einem Jahrhundert gebaut, um den engen und elenden Mietskasernen etwas entgegenzusetzen.

Wer etwas Gutes tun will, hat es manchmal schwer. Diese Erfahrung machte die „Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Rixdorf“ im Jahr 1906. Sie hatte das Grundstück unweit des Rathauses gekauft und wollte hier ein Verwaltungsgebäude und rund 200 bescheidene, aber schöne und helle Wohnungen errichten. Denn wer wusste besser als die Gesundheitsexperten, welche verheerenden Folgen eine dunkle und feuchte Bleibe haben konnte?

Die Architekten Willy und Paul Kind bekamen den Auftrag für ein Ensemble, das einer breiten Bevölkerungsschicht ein ungewohnt komfortables Zuhause bieten sollte: Zentralheizung, Warmwasser, Gas-Kohle-Herde, eine Entstaubungsanlage und Waschküchen auf den Dachböden. Inspiration für die vier hellen, grünen Innenhöfe mit Springbrunnen, Wandbildern und Skulpturen gaben Bühnenbilder der Oper „Der Freischütz“.

Gemeinsames Projekt von Krankenkasse, Ärzten und Apothekern 

Doch die Behörden machten einen Strich durch die Rechnung. Sie sahen die Befugnisse der Krankenkasse überschritten und wollten nur einen kleinen Teil der gesamten Anlage genehmigen. Da kam ein Tipp eines Ministerialbeamten, der dem Projekt wohlwollend gegenüberstand: Warum nicht eine Genossenschaft gründen und sie mit dem Bau betrauen? Die Idee wurde umgehend in die Tat umgesetzt. Am 9. April 1907 trafen sich Mitarbeiter der AOK, Ärzte und Apotheker in einer Gaststätte an der Reuterstraße. Sie riefen die „Baugenossenschaft Ideal“ ins Leben, die es bis heute gibt. Gut drei Monate später konnte der Grundstein für die Passage gelegt werden.

Die Häuser wurden fünfgeschossig, die Wohnungen hatten ein bis zwei Zimmer mit und ohne Bad und hübsche Sprossenfenster, etliche Mieter konnten und können sogar einen Balkon ihr Eigen nennen. Sowohl an der Fulda- und Weichselstraße als auch in der Passage entstanden Ladengeschäfte.

Oase im Norden

Die denkmalgeschützte Anlage strahlt immer noch viel Charme aus, auch wenn sich einiges geändert hat. Wohnungen wurden zusammengelegt, sodass ihre Anzahl auf 116 geschrumpft ist. Im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bomben ein Quergebäude und Teile eines Seitenflügels an der Weichselstraße.

Die Skulpturen und der Brunnen sind verschwunden. Trotzdem ist es schön, durch die Passage zu spazieren, ein Privatweg macht ein Durchqueren bis in die frühen Abendstunden möglich. Eine Oase mitten im quirligen und lauten Norden Neuköllns.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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