"Aus meiner Sicht ein großer Glücksfall"
Jochen Biedermann über laufende Bauarbeiten und Planungen auf dem ehemaligen Kindl-Gelände
Auf dem ehemaligen Kindl-Gelände an der Rollbergstraße wird derzeit kräftig gebaut. Ein weiteres Projekt ist in Planung: Die riesige Kartbahn auf dem Vollgutlager soll verschwinden. Was dort passieren soll, darüber können sich bis zum 14. September Interessierte informieren.
Ein kurzer Blick zurück: Im Jahre 2006 schloss die Brauerei ihren Neuköllner Standort, danach wechselte das Areal mehrfach die Eigentümer. Der Rewe-Supermarkt, das Dialyse-Zentrum und die Wohnungen an der Mainzer Straße entstanden. Das zentrale Gebäude mit Turm, Kessel-, Maschinen- und Sudhaus kaufte ein Schweizer Ehepaar, das dort das Kindl-Zentrum für zeitgenössische Kunst aufbaute. Der Rest des Geländes gehört seit 2015 der Terra Libra GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der Schweizer Edith-Maryon-Stiftung. „Aus meiner Sicht ein großer Glücksfall, denn sie arbeitet nicht profitorientiert“, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen).
Die Terra Libra hat drei Grundstücke in Erbpacht vergeben. Eins ging an die gemeinnützige Gesellschaft Global Village. Sie hat, finanziell unterstützt vom Senat, das Eine-Welt-Zentrum errichtet. Es bietet vielen Initiativen Platz, die sich mit Entwicklungspolitik beschäftigen. Zwei Objekte wurden der Genossenschaft Transform überlassen. Einem von ihnen konnten die Nachbarn förmlich beim Wachsen zusehen, so schnell ging der Bau voran. Die Rede ist vom Alltag, dem Gebäude, das an der Ecke Neckar- und Isarstraße entsteht. „Einziehen werden beispielsweise die Schwulenhilfe und die bezirkliche Seniorenberatung“, informiert Biedermann. Außerdem seien Flächen für betreutes Wohnen reserviert. Platz finden dort auch die Pension, die zuvor ihren Sitz in der Neckarstraße hatte, ein Gastro-Betrieb und ein Gesundheitskollektiv. „Eine Allgemeinmedizin- und eine Kinderarztpraxis werden sich ansiedeln. Sie verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, jenseits der Fünf-Minuten-Medizin“, so der Stadtrat. Die Praxen wollen sich eng mit Beratungsstellen vernetzen, die ebenfalls im Haus zu finden sein werden.
Auf der gegenüberliegenden Seite, an der Rollbergstraße, baut die Transform-Genossenschaft das alte Circular Economy House (CRCLR) neu auf. Dass sich dort mit Kreislaufwirtschaft beschäftigt wird, spiegelt sich im Gebäude selbst wider. „Es werden Baustoffe aus der alten Halle und von anderen Baustellen recycelt und genutzt“, erklärt Biedermann. Klingt gut, hat aber Haken und Ösen. Denn das Gebäudeenergiegesetz ist stets einzuhalten. „Da kann man nicht einfach alte Kastenfenster nehmen und einsetzen.“ Ein paar Meter weiter die Rollbergstraße hinunter, auf der Freifläche vor dem Eingang zum Schwulenzentrum SchwuZ, plant der Bund fürUmwelt und Naturschutz Deutschland einen Neubau auf Stelzen. „Der Bauantrag ist eingereicht, mit der Fertigstellung ist 2025 zu rechnen“, so Biedermann.
Sowohl das SchwuZ als auch die Event-Agentur Golden Box haben ihren Sitz in den Kellergeschossen des Vollgutlagers, wo früher Gärtanks standen. Oben drauf, vom Kindl-Gelände aus gesehen auf der Ebene null, befindet sich die Kartbahn. Mit dieser Fläche haben sich nun Büros in einem offenen Werkstattverfahren beschäftigt. „Das Volumen der Halle soll in etwa als Bruttogeschossfläche wiedererrichtet werden“, sagt Biedermann. Drei Entwürfe gibt es dazu. Zwei sehen vor, Teile der Halle zu erhalten, einer schlägt den vollständigen Abriss vor. Klar sei, dass in die Höhe gebaut werde und mehrere Gebäudeteile entstünden, erklärt der Stadtrat.
Das Ganze gestalte sich recht kompliziert, deshalb hat auch die Terra Libra selbst die Planung in die Hand genommen. Eine Schwierigkeit sei, dass der Bau mit seinen vier Untergeschossen nicht auf eine hohe Tragfähigkeit ausgelegt sei und eventuell Stützkonstruktionen nötig würden. Was die künftigen Nutzer angeht, steht fest, dass eine Waldorfschule dort ihren Sitz haben soll.
Auf der Seite mein.berlin.de/projekte/kindl-konglomerat sind die drei Entwürfe zu sehen. Bis zum 14. September können Kommentare dazu abgegeben werden. Mit Beginn der Bauarbeiten ist noch nicht so bald zu rechnen. Die Ergebnisse des Werkstattverfahrens sollen aber bei den geplanten Umbauten in den Unterschossen des Vollgutlagers berücksichtigt werden. Dort könnten beispielsweise neue Ateliers und Werkstätten entstehen. „Das SchwuZ und die Golden Box werden aber auf jeden Fall bleiben“, so Biedermann.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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