Kritik an zwei geplanten Türmen nahe Karl-Marx-Straße
Anfang Dezember hat sich das Baukollegium rund um Senatsbaudirektorin Regula Lüscher mit den Plänen für den ehemaligen Güterbahnhof Neukölln beschäftigt. Die Mitglieder des Gremiums kritisierten Punkte und empfahlen, sie mit anderen Architekten zu diskutieren.
Das 2,3 Hektar große Areal liegt zwischen Hertabrücke und Karl-Marx-Straße. Im Norden wird es von der S-Bahn-Trasse und im Süden von der Ringbahnstraße begrenzt. Es ist kein einfaches Baugelände, weil es mehrere Meter tiefer als die Ringbahnstraße liegt.
Wie berichtet, wollen die Architekten Hans Wehrhahn und Stephan Niewolik hier einen rund 350 Meter langen Gebäudekomplex mit rund 400 bis 700 Mietwohnungen errichten. Zur S-Bahn hin soll eine durchgehende Front entstehen, nur unterbrochen von einigen Laubengängen, um die künftigen Bewohner vom Lärm abzuschirmen. An der Ringbahnstraße sind Fünfgeschosser geplant, in etwa so hoch sind wie die bestehenden Häuser auf der gegenüberliegenden Seite. Der Riegel an der S-Bahn hat zwei Stockwerke mehr. Flankiert werden soll der Komplex von zwei Türmen, einem an der Hertabrücke mit etwa 15 Geschossen, einem mit 26 Etagen an der Karl-Marx-Straße. Letzterer soll hauptsächlich gewerblich genutzt werden.
Bei Projekten dieser Größenordnung – und vor allem, wenn Hochhäuser geplant sind – ist es üblich, dass das Baukollegium darüber berät. In dem Gremium sitzen sechs unabhängige Experten und die Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Diese lobte Wehrhahn und Niewolik dafür, sich dieses „tollen, aber schwierigen Grundstücks“ angenommen und alles aus einer Hand entwickelt zu haben. Aber es gab auch Kritik.
In der Hauptsache ging es dabei um drei Punkte. Zum einen wünschten sich Gremiumsmitglieder bei der Wand zur S-Bahn hin mehr „Feingliedrigkeit“. Zum anderen ging es um die beiden Türme. „Ein 26-geschossiges Hochhaus an der Karl-Marx-Straße sehen wir nicht, keinesfalls in dieser Form“, sagte eine Sprecherin des Kollegiums. Auch das zweite größere Gebäude an der Hertabrücke sei nicht angemessen. „Der Kiez dort ist wunderschön, das ist ein sehr sensibler Ort“, betonte Lüscher.
Sie empfahl ein Workshop-Verfahren, also die Einbeziehung von anderen Architektenbüros. „Wir glauben, dass es sich lohnt, unterschiedliche Ansätze miteinander zu vergleichen“, sagte sie. Hans Wehrhahn protestierte und verwies darauf, dass sein Büro seit anderthalb Jahren an dem Projekt arbeite und bereits alle möglichen Varianten untersucht habe. Für ihn sei das Hochhaus an der Hertabrücke nicht unantastbar, schränkte er ein, aber „der Turm an der Karl-Marx-Straße ist wichtig, darum kämpfe ich, das sage ich Ihnen ganz offen.“
Wie geht es weiter? „Wir waren vom Urteil des Baukollegiums wirklich total überrascht“, erklärt Stephan Niewolik einige Tage nach der Sitzung gegenüber der Berliner Woche. Bei vorangegangenen Gesprächen mit Bezirks- und Senatsvertretern habe es weitgehend nur positive Reaktionen gegeben.
Den Ton im Baukollegium hätten seine Kollegen und er als „nicht objektiv und rein fachlich, sondern als ziemlich herablassend“ empfunden. „Erstaunt waren wir auch, dass ein Bauvorhaben, das so viele Mietwohnungen vorsieht – im Gegensatz zu vielen anderen reinen Luxus-Vorhaben in Berlin – nicht wirklich gewürdigt wurde“, sagte er. Aber sein Büro sei für Kritik offen.
In Absprache mit dem Bezirksamt werde es jetzt tatsächlich ein Workshop-Verfahren mit fünf bis sechs Büros geben. Niewolik hofft, dass diese Phase im Februar abgeschlossen werden kann. Die Auswertung werde transparent gestaltet. „Unser Entwurf bleibt aber Grundlage der Planungen“, stellt er klar. Stadtplanungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) sagt: „Wir haben den beiden Architekten zugesichert, nicht noch einmal vor die Baukommission zu gehen, wenn sie die angesprochenen Punkte bearbeiten.“
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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