Karstadt setzt jetzt auf Holz
Signa-Gruppe will Gebäude am Hermannplatz ökologischer umbauen
Das Karstadt-Haus am Hermannplatz soll nicht abgerissen, sondern um drei Etagen aus Holz aufgestockt werden. Diese überraschende Mitteilung hat Timo Herzberg, Geschäftsführer der Signa-Gruppe, am 14. Mai auf einer Pressekonferenz gemacht.
Wie mehrfach berichtet, war der ursprüngliche Plan der Karstadt-Eigentümerin, das Gebäude abzutragen und in Betonbauweise in seinen ursprünglichen Ausmaßen von 1929 wieder zu errichten. Nun jedoch sei in Absprache mit Stararchitekt David Chipperfield die Entscheidung für eine energiesparende Alternative gefallen, so Herzberg. „Wir wollen den Bestandsbau entkernen, sein Stahlbetonskelett sanieren und ihn dann erweitern.“
Rund 300 Betonproben aus sieben Bauphasen seien entnommen und analysiert worden. „Der Beton ist nach 100 Jahren noch tragfähig“, so Projektmanager Thibault Chavanat. Holz als Material für die Aufstockung und die zwei markanten Türme habe viele Vorteile. „Es ist leicht, Elemente können vorgefertigt werden, sodass die Baustelle leise und trocken bleibt. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Bauweise reduzieren sich die Kohlendioxidemmissonen um 70 Prozent und der Baustellenverkehr um 60 Prozent.“ Die Holzkonstruktion soll jedoch von außen nicht sichtbar sein. Die Fassade soll mit Ziegeln verblendet werden.
Wenn alles perfekt laufe – inklusive Bebauungsplanverfahren mit öffentlicher Beteiligung – könnten 2023 die vorbereitenden Arbeiten beginnen, so Chavanat. Bis zur Fertigstellung rechnet er mit vier weiteren Jahren. Weil die Umgestaltung des Hauses als Projekt „gesamtstädtischer Bedeutung“ gilt, hat der Senat bereits vor einigen Monaten die Planungshoheit an sich gezogen. Zuvor hatte Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) aus dem Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain, auf dessen Grund und Boden das Kaufhaus steht, das Vorhaben mehrfach abgelehnt.
Was passiert während der Bauzeit? „Allein wegen der Kundenbindung suchen wir einen Ausweichstandort in der Nähe, wo wir zumindest unser Kernangebot präsentieren können“, sagt Geschäftsführer Timo Herzberg. Die Verhandlungen seien schwierig, einige Alternativen jedoch in Prüfung. Fest stehe, dass es während der Bauarbeiten keine betriebsbedingten Kündigungen des Personals geben werde. Dazu habe sich die Signa-Gruppe ausdrücklich verpflichtet.
"Klimafreundlich und gleichzeitig modern"
„Ich bin sehr beeindruckt“, sagte Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) auf der Pressekonferenz. Der Hermannplatz mit dem neuen Karstadt-Bau habe das Zeug, zu einem echten Magneten zu werden. Und Franzika Giffey, Neuköllns ehemalige Bezirkschefin und SPD-Spitzenkandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, zeigte sich vollkommen begeistert: „Da kann man doch einfach nur sagen: Wow! Klimafreundlich und gleichzeitig modern.“ Das neue Gebäude biete alles, damit die Menschen kämen – nicht nur Einzelhandel, sondern auch Begegnungsorte.
Die Größe der heutigen Verkaufsfläche von rund 30.000 Quadratmetern will Signa in etwa beibehalten. Auch Platz für lokale Produkte ist vorgesehen. „Der Neuköllner Pralinenhersteller Ohde denkt zum Beispiel über eine gläserne Manufaktur nach“, so Herzberg. „Auf jeden Fall wird das Haus weder zu einem Shoppingcenter noch zum Luxuskaufhaus.“ Der Löwenanteil der neu entstehenden Räume soll an Büros, Praxen und andere Einrichtungen vermietet werden, damit das Karstadt-Gebäude insgesamt deutlich Profit abwirft.
Wohnungen und Kita geplant
Stehen bleiben wird das denkmalgeschützte Fragment an der Straße Hasenheide, das den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden hat. Dort wird es Platz für Gruppen und Initiativen geben, die sich einmieten können. Teil des Projekts sei es ebenfalls, auf 3000 bis 5000 Quadratmetern bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Gespräche mit der Degewo liefen bereits, so Herzberg. Auch eine Kita mit 50 bis 100 Plätzen solle es geben. Und nicht zuletzt soll eine rund 4000 Quadratmeter große und begrünte Dachterrasse zum Essen und Trinken, Veranstaltungsbesuch und Verweilen einladen – ganz so wie vor 90 Jahren.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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