Mit dem kuscheligen Kroko das Zähneputzen lernen
In Neukölln wird der Zahnärztliche Dienst jetzt von den Kindern aus gedacht
Jedes Jahr gehen rund 21 000 Neuköllner Kinder zur gesetzlich vorgeschriebenen Zahnuntersuchung. Wie behalten sie diese Pflichtaufgabe in Erinnerung? Motiviert der Besuch anschließend auch fürs eifrige Zähneputzen zu Hause?
Fragen, die sich Neuköllner Bezirksamtsmitarbeiter und Wissenschaftler der Berliner Hochschulen für Technik und Wirtschaft (HTW) sowie Wirtschaft und Recht (HWR) gemeinsam stellten, im Forschungsprojekt „DISK“, wobei die Abkürzung für „Design institutionalisiert Service- und Kundenorientierung“ steht. Ziel war, einen eingespielten Verwaltungsprozess einmal auf den Kopf zu stellen – und von den Nutzern aus zu betrachten. Als praktisches Beispiel pickte sich die Kooperation den Zahnärztlichen Dienst des Bezirkes heraus, der sich seit Juni in frisch renovierten Räumen auf dem Campus Rütli befindet, Rütlistraße 9.
Gesundheitsstadtrat Falko Liecke stellte das Projekt kürzlich vor: „Wenn wir wollen, dass Kinder die Wichtigkeit von Zahnhygiene kennenlernen und vielleicht auch ein wenig Freude am Zähneputzen entdecken, müssen wir ihnen auch etwas bieten. Der erhobene Zeigefinger ist es aber sicherlich nicht. Die Projektergebnisse zeigen, dass die Berliner Verwaltung auch anders kann." Hier sei Neukölln Spitze, so Liecke.
Ganz nah dran an der Erfahrung der Kinder
Konkret gestalteten die Kooperationspartner in den vergangenen Monaten die neuen Räume des Zahnärztlichen Dienstes in der Rütlistraße kindgerecht, wobei das Krokodil Kroko mit seinem großen Gebiss immer wieder auftaucht: auf den Wänden, auf Zahnbürsten, auf dem Infomaterial. Als lebendes Maskottchen – dick und kuschelig – begrüßt Kroko die Kinder schon beim Ankommen. Kroko ist ein Freund, der wohl jedes Kind sofort anspricht und fürs Thema begeistert, auch, weil er so schöne blendend weiße Beißerchen hat. Zahnärztin Andrea Thiele erklärt den Kindern, wie Kroko seine Zähne jeden Tag pflegt und macht es auch mit der großen roten Bürste für alle sichtbar vor. Dabei sitzt Kroko mitten unter den Kindern. Das didaktische Konzept für diesen außergewöhnlichen Zahnputzunterricht ist Teil des Kooperationsprojektes. Auch die medizinische Zahninspektion auf dem Zahnarztstuhl ist Teil eines Erlebnisprozesses, der so ganz anders aussieht und funktioniert als sonst in Behörden üblich: eben kindgerecht. Die Wissenschaftler führten hierfür innerhalb eines Jahres Interviews mit Fachkräften und Kindern und gestalteten die Abläufe aufgrund der gewonnen Erkenntnisse.
Professorin Daniela Hensel, Leiterin des Forschungsteams der HTW Berlin, ist dankbar für die Kooperation mit dem Bezirk, die in dieser Form einmalig ist: „Die Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Neukölln war aus wissenschaftlicher Sicht unglaublich aufschlussreich. Wir sind auf viel Bereitschaft zur Veränderung gestoßen, die in den Strukturen der Verwaltung aber oft ihre Grenzen findet. Das so authentisch zu erleben, ist für unsere Forschung unglaublich wichtig.“
Möglich wurde das Projekt durch eine Fördersumme über 200 000 Euro durch das Institut für angewandte Forschung Berlin (IFAF).
Autor:Corina Niebuhr aus Kreuzberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.