Demokratie leben, Verantwortung tragen
Kepler-Schüler bekommen Wunsch-Schulhof
Die Kepler-Schule: 2015 ist sie eine der unbeliebtesten Schulen Berlins, Auffangbecken für Schüler, die keine andere Einrichtung annimmt, Brennpunkt – das Kollegium arbeitet jedoch intensiv daran, dieses Image loszuwerden. Mit Erfolg. Der neue Schulhof soll ein Symbol für den Aufbruch sein.
Mittwoch, 4. Juli, 9 Uhr in der Zwillingestraße 21. Während die meisten Schüler im Gebäude die letzten Stunden vor den Sommerferien absolvieren, wird auf dem Schulhof bei strahlendem Sonnenschein ein motivierendes Zeichen für das kommende Schuljahr gesetzt: der Spatenstich für den neuen Schulhof. Einige Jugendliche wohnen dem Termin bei. Und auch Bürgermeister Martin Hikel (SPD), Jochen Biedermann (Grüne), Stadtrat für Soziales, und Karin Korte (SPD), Stadträtin für Bildung, sind gekommen. "Dass wir heute zu dritt anwesend sind, ist bezeichnend dafür, welche Bedeutung der Entwicklung dieser Schule beigemessen wird", sagt Biedermann.
Wie viele Schulen im Bezirk kämpft das Kollegium der Kepler-Schule seit Jahren gegen zu hohe Abbrecherquoten. Zusammen mit neun anderen Berliner Einrichtungen wurde die Kepler-Schule 2013 bis 2017 im Rahmen des Programms "School Turnaround" der Robert Bosch Stiftung mit einem sogenannten Prozessbegleiter unterstützt. Dieser stand der Schulleitung fachkundig bei Reformen bei und beriet individuell zu möglichen Problemlösungen. Eine weitere Veränderung aus dieser Zeit: Moritz Dreher wurde neuer Schulleiter. Er setzte darauf, Schüler wie Lehrer und Eltern vermehrt in wichtige Entscheidungen einzubinden.
Abbrecherquote deutlich gesenkt
Während der vergangenen vier Jahre sank die Abbrecherquote an der Kepler-Schule von 40 auf immerhin 30 Prozent. In Zahlen lässt sich der Erfolg der Transformation allerdings nicht alleine messen. An der Kepler-Schule soll den Schülern vor allem eines vermittelt werden: Demokratie. Bereits an der Gestaltung der Schultoiletten wurden sie beteiligt, ihre Wünsche wurden berücksichtigt. "Zwei Jahre lang gab es keine Zeichen von Vandalismus, weil sich die Schüler mit verantwortlich fühlten", sagt Schulleiter Moritz Dreher.
Viele Probleme an der Kepler-Schule sind auf ihr Einzugsgebiet im Süden der Sonnenallee zurückzuführen. Hier gibt es kulturelle Konflikte, Kriminalität und Armut. Seine Schüler nimmt Dreher allerdings vehement in Schutz: "Es gibt Menschen, die befürworten eine harte Hand im Umgang mit schwierigen Jugendlichen, aber das ist nicht unser Weg. Die Schüler sind kein Problem, sondern unser Auftrag", sagt er. Respekt und die Möglichkeit, Verantwortung zu tragen, sind für ihn sinnvollere Erziehungsmittel als Strafen. Sie haben zu einem wertschätzenden Klima zwischen Schulleitung, Lehrern, Eltern und Schülern geführt.
Lehrer, Eltern und Schüler arbeiten zusammen
Auch im Planungsprozess des neuen Schulhofes haben die Schüler eine große Rolle gespielt und ihre Vorstellungen aktiv einbringen können. Eine Gruppe aus Vertretern unterschiedlicher Klassenstufen, Lehrern und Eltern hat Ideen für den Hof erarbeitet. Dabei wurden Exkursionen an andere Schulen in Berlin unternommen, um sich inspirieren zu lassen und ein Gefühl für die Konzeption eines Schulhofes zu bekommen.
Was wollen wir und was nicht? Am Ende dieser Überlegungen steht ein moderner und vielseitiger Begegnungsraum mit vielen Aktivitäten, mit Bänken zum Ausruhen, einem Sonnensegel, einer Klettereinrichtung, Schaukel und – berlinweit eine Premiere – dem interaktiven Spielfeld Toro. Die niederländische Erfindung ist eine kompakte Arena für viele Ballsportarten. Vier fest verbaute Tore, die bei Berührung blinken, regen zu schnellen Spielrhythmen im Teamwork an. Auf dem überschaubaren Feld wird jeder einbezogen, da es kaum Positionen gibt, auf denen kein aktives Eingreifen erforderlich ist.
Insgesamt wird die Planung und Umsetzung im Mai 2019, wenn der Hof fertig sein soll, zwei Jahre gedauert haben. "Die langen Wartezeiten zwischendurch haben die Schüler manchmal frustriert. Letztlich sind aber doch alle am Ball geblieben", sagt Dreher. Insgesamt kostet der Schulhof 1,2 Millionen Euro. Er wird durch das Programm Soziale Stadt unterstützt, in das Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) fließen.
Autor:Josephine Macfoy aus Schöneberg |
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