Die meisten Quereinsteiger der Stadt
Neuköllner Schulstadträtin Karin Korte über Lehrermangel und den Rütli-Effekt
Laut dem Recherchezentrum „Correctiv“ steht Neukölln in Sachen Lehrerausstattung im Berliner Vergleich recht gut da. An den Grundschule liegt der Bezirk 1,3 Prozent über dem stadtweiten Durchschnitt, bei den Sekundarschulen sind es 3,0 und an den Gymnasien 2,8 Prozent. Wir befragten Schulstadträtin Karin Korte (SPD) zur aktuellen Situation.
Frau Korte, fehlen Lehrer an Schulen? Und wenn ja, wo?
Grundsätzlich gibt es immer eine gewisse Dynamik. Während eines Schuljahres kommt und geht Personal – wegen langwieriger Erkrankungen, Wiedereinstieg, nach Elternzeit oder Mutterschutz. Gegenwärtig sind an einem Förderzentrum und an einer Grundschule mehr als zwei Stellen unbesetzt.
Woran liegt das?
Im einen Fall gelingt es derzeit nicht, ausreichend qualifizierte Fachkräfte zu finden, im anderen Fall gab es kurzfristige personelle Veränderungen, die noch nicht aufgefangen werden konnten. In drei weiteren Schulen gibt es ebenfalls noch Engpässe, hier werden aber Beschäftigte bis zum Ende des Halbjahres aus längerer Abwesenheit zurückkehren.
Wie ist es möglich, kürzere Ausfälle aufzufangen?
Die Schulen können Vertretungen einstellen, dafür stehen Mittel der sogenannten Personalkostenbudgetierung zur Verfügung. Viele Schulen verfügen mittlerweile über einen Stamm von Vertretungskräften, die kurzfristig einspringen können.
Pensionswelle reißt Personallöcher
Ist es grundsätzlich schwierig, Lehrer in den Bezirk zu holen?
Die Rekrutierung von Lehrpersonal ist in der Tat eine große Herausforderung für die Senatsbildungsverwaltung. Während früher jährlich etwa 50 neue Kolleginnen und Kollegen in Neukölln eingestellt wurden, brauchen wir heute wegen der Pensionswelle zwischen 200 bis 300. In den letzten Jahren konnten die offenen Stellen aber immer wieder besetzt werden. Das ist auch für dieses Schuljahr unter den erschwerenden Coronabedingungen gelungen.
Spielen Quereinsteiger eine große Rolle?
Ja, in Neukölln gibt es berlinweit die meisten Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. An einigen Schulen sind es 30 Prozent des Lehrkörpers, an vielen 25 Prozent, bei den meisten liegt der Anteil bei 20 Prozent oder darunter.
Welche Möglichkeiten haben Schulen, für sich zu werben?
Schulen, die Kontakte zu Hochschulen pflegen und offensiv Studierenden Praktika anbieten, beginnen früh mit der Bindung von jungem pädagogischem Personal. Sie sind in der Regel erfolgreich bei der Rekrutierung. Ein besonderes pädagogisches Profil und ein offenes Arbeitsklima helfen ebenfalls. Auch die Präsenz auf der halbjährlichen Messe „Berlin-Tag“ ist eine gute Möglichkeit zur Personalgewinnung. Schulen, die ihre Situation als besonders belastend oder belastet darstellen, schrecken hingegen in der Regel Personal ab.
Ziehen Schulen wie die Rütli-Schule, die früher als äußerst problematisch galt und inzwischen zum Campus umgebaut wurde, Lehrer an? Gibt es den Rütli-Effekt tatsächlich?
Nein. Die Motive für die Auswahl einer Schule als Arbeitsplatz sind sehr unterschiedlich. Sie reichen vom Fahrweg zur Arbeit, über persönliche Beziehungen bis hin zu pädagogischen oder fachlichen Motiven.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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