Über Schulen und Glocken
Als Rixdorf noch böhmische und deutsche Lehranstalten hatte
In unserer vergangenen Ausgabe haben wir über das älteste noch erhaltene Neuköllner Schulgebäude an der Kirchgasse berichtet. Worauf uns eine Leserin hinwies: Ganz in der Nähe gibt es Zeugnisse einer weiteren Schule.
Auch sie wurde von böhmischen Glaubensflüchtlingen gebaut. Zehn Jahre nach der Gründung Böhmisch-Rixdorfs teilte sich nämlich die Gemeinde – in die evangelische Brüdergemeine, die lutherische und die evangelisch-reformierte Bethlehemsgemeinde.
Letztere errichtete im Jahr 1751 an der heutigen Richardstraße 97 – damals wurde noch vom Richardshof oder Ordenshof gesprochen – ein Schulhaus. Wegen Baufälligkeit riss man es 1835 ab, das heutige Gebäude entstand. Hier wurden rund weitere vier Jahrzehnte lang Kinder unterrichtet. Seitdem dient der Bau als Gemeindehaus und Kirchsaal. Ein Detail erinnert an die frühere Nutzung: Am Giebel ist die Aufhängung der alten Schulglocke zu sehen.
Für Geist und Herz
Während über den Verbleib dieser Glocke nichts bekannt ist, existiert eine andere noch. Zu sehen ist sie im ersten Stock des Hauses der Bildung, Boddinstraße 34. Ursprünglich hing sie in der ersten Schule, die die Gemeinde Deutsch-Rixdorf 1841 auf eigene Kosten baute – in der Mühlenstraße am Hohenzollernplatz (heute Karl-Marx-Platz). Zuvor wurde in einem 1750 angekauften Haus auf dem Dorfplatz (heute Richardplatz) unterrichtet.
Die Glocke trägt die Aufschrift „Die Jugend ruft mein Mund von Erz / zur Bildungsstatt für Geist und Herz“. Die Bevölkerung wuchs schnell, bald musste die Lehranstalt 400 Kinder in vier Klassenzimmern aufnehmen. Im Obergeschoss befanden sich vier Lehrerwohnungen.
Schüler dicht gedrängt
Das Schulhaus an der Mühlenstraße stand bis 1898. Doch in den letzten beiden Jahrzehnten herrschte nicht mehr eine solch qualvolle Enge wie zuvor. Denn 1874 vereinigten sich Deutsch- und Böhmisch-Rixdorf und die erste gemeinsame Schule wurde in der Schulstraße (heute: Erkstraße) errichtet. Sieben weitere Gemeindeschulen folgten.
Die Wurzeln des Rixdorfer Schulwesens reichen weit zurück. Schon 1688 gab es „Schulmeister“. Das waren jedoch keine ausgebildeten Pädagogen, sondern üblicherweise Handwerker, die in ihren Werkstätten unterrichteten. Oft waren es die sprichwörtlich armen Schneider, die sich etwas dazuverdienten.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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