Eine kleine, feine Truppe: Heimatverein Neukölln will wieder Fahrt aufnehmen
Neukölln. Vor anderthalb Jahren stand der Heimatverein Neukölln kurz vor seiner Auflösung. Es fehlten tatkräftige Mitglieder. Doch jetzt hat er sich wieder berappelt. Zu verdanken ist das unter anderem dem neuen Vorsitzenden Hilmar Krüger. Er hofft, in nächster Zeit noch mehr Menschen für die heimatgeschichtliche Forschung zu gewinnen.
Es war der Rixdorfer Volksschullehrer Emil Fischer, der den Heimatverein 1920 zum ersten Mal erwähnte. Der Eintrag ins Vereinsregister folgte 1937, vor genau 80 Jahren. Ihren Sitz und ihr Archiv hatten die Freunde der Lokalgeschichte im alten Neuköllner Rathaus, das auf dem heutigen Vorplatz stand. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es zerbombt.
„Seitdem ist der Heimatverein heimatlos“, sagt Hilmar Krüger. Heute trifft er sich mit den rund 20 Mitstreitern jeden dritten Donnerstag im Monat um 16 Uhr im Britzer „Doppelochsen“, Pätzer Straße 17. Auf dem Programm stehen Vorträge und Gespräche über die Neuköllner Geschichte, aber auch Ausflüge, Besichtigungen oder Museumsbesuche.
„Wir sind eine kleine, feine Truppe“, so Krüger. Er selbst kam durch Zufall zum Verein. Klar, in der Schule waren Heimatkunde und Erdkunde seine Lieblingsfächer gewesen, auch Geschichte hat ihn immer interessiert. Den Stein ins Rollen brachte jedoch vor vier Jahren das Telefonat eines Cousins aus den USA. „Zwei meiner Tanten waren Artistinnen. Nach dem Krieg wanderten sie in die Vereinigten Staaten aus. Mein Cousin wollte nun wissen, ob ich irgendetwas über sie finden könnte.“
Also machte sich Krüger auf in die Karlsgartenschule, die direkt neben der Hasenheide liegt. Aus gutem Grunde: Dort stand einst das Ausflugslokal „Karlsgarten“, ein bekannter Treffpunkt für Artisten. Es gab Probe- und Auftrittsbühnen, das Grundstück diente vielen als Winterquartier. „Rixdorf und das spätere Neukölln waren damals ein weltweiter Artisten-Hot-Spot“, erklärt der 68-Jährige.
Über die Nachforschungen kam Hilmar Krüger wieder in Kontakt mit der Heimatgeschichte. Und die hängt mitunter eng mit seinem eigenen Leben zusammen. So wurde ihm erst bei seinem Besuch an der Karlsgartenstraße richtig bewusst, dass er selbst im Herbst 1956 zu den ersten Schülern nach der Gründung gehört hat. Zuvor wurde er ein Jahr lang an der Boddin-Schule unterrichtet – wegen Platzmangels im Schichtbetrieb. Die dem Elternhaus am nächsten gelegene Schule an der Mahlower Straße war im Krieg von Bomben zerstört worden.
Hilmar Krüger verbrachte seine Kindheit und Jugend in unmittelbarer Nachbarschaft des Flughafens Tempelhofs, wo er manche Stunde verweilte, um das Starten und Landen der Maschinen zu beobachten. An eines der spannendsten Kapitel, die Luftbrücke, kann er sich nicht erinnern, dazu ist er zu jung. Trotzdem hat er eine ganz persönliche Beziehung zu ihr. „Ich wurde am Ostersamstag 1949 in der Hebammenanstalt am Mariendorfer Weg geboren. Das war der Tag, als die Amerikaner die größte Tonnage überhaupt in Berlin eingeflogen haben. Der Storch war bestimmt fix und fertig.“
Krügers Beispiel zeigt: Berichte aus erster Hand sind aufschlussreich. Deshalb werden Zeitzeugen gesucht, die über ihre persönlichen Erinnerungen berichten. Egal, ob sie aus dem Norden oder Süden Neuköllns kommen – der Heimatverein ist für den gesamten Bezirk da und tauscht sich mit anderen Lokalgeschichte-Forschern aus allen Ortsteilen aus.
Der Heimatverein will jetzt wieder Fahrt aufnehmen. Ein wichtiger Baustein ist die Öffentlichkeitsarbeit, dabei soll auch die neue Internetseite helfen – www.neukoellner-heimatverein.de.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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