Sechs neue Stolpersteine in Neukölln verlegt
Erinnerungen an vom Nazi-Regime verfolgte und ermordete Menschen
Am 18. September kamen sechs neue Stolpersteine ins Straßenpflaster. Verlegt wurden sie in der Hobrechtstraße, der Fuldastraße, in der Sonnallee und in der Schierker Straße.
Drei Steine wurden in der Hobrechtstraße 49 eingelassen. Dort lebte von 1929 bis 1936 die jüdische Familie Kahan. Alfred Abraham Endsil Kahan, geboren 1890 in Warschau, wurde am 22. September 1939 verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Ab Juni 1940 war er im KZ Dachau inhaftiert; dort wurde er am 12. August 1940 ermordet. Seine Ehefrau Wilma, geboren 1899 in Teplitz-Schönau, kam 1943 in das KZ Auschwitz und wurde ebenfalls ermordet. Sohn Gert Kahan, Jahrgang 1925, konnte 1941 über Kroatien nach Palästina emigrieren.
An den Widerstandskämpfer Hellmut Bock (geb. 1907 in Zittau) erinnert der Stein in der Fuldastraße 55. Bock war bereits in jungen Jahren in der Sozialdemokratie engagiert. Aufgrund seines Widerstandes gegen das Nazi-Regime wurde er erstmals am 22. September 1934 verhaftet. Im März 1935 folgte wegen „Hochverrats“ die Verurteilung zu fünf Jahren Zuchthaus. Nach dem Ende der Haftstraße ließ ihn die Gestapo nicht frei, sondern überstellte ihn am 30. November 1939 in das KZ Sachsenhausen, wo er bis 1945 verblieb. Nach dem Krieg wurde er Leiter des Hauptamtes „Opfer des Faschismus“ beim Berliner Magistrat. Bock starb 1997.
Von der SA erschossen
Ein weiterer Stolperstein wurde für Erwin Berner (geb. 1911 in Berlin) in der Sonnenallee 216, der früheren Kaiser-Friedrich-Straße, verlegt. Dort wohnte Berner 1933. Er wuchs als Arbeiterkind auf, war im Kommunistischen Jugendverbund aktiv. Am Abend des 2. Februar 1933 rottete sich eine Gruppe von SA-Männern vor einem SPD-nahen Reichsbanner-Lokal in der Fuldastraße zusammen. Arbeiter aus den umliegenden Häusern und Kneipen kamen hinzu, um den Genossen zu helfen. Der SA-Mann gab sechs Schüsse in die Menge ab, einer davon traf Erwin Berner tödlich.
Der sechste Stein wurde vor dem Haus Schierker Straße 26 für den 1880 in Danzig geborenen ehemaligen jüdischen Bewohner Felix Loewy eingelassen, der dort 1936 hingezogen war. Im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ wurden im April und im Juni 1938 bei zwei Verhaftungswellen mehr als 10 000 Männer als sogenannte Asoziale in Konzentrationslager verschleppt. Im Juni wurden dabei auch rund 2300 Juden inhaftiert, darunter war Loewy. Er wurde am 14. Juni verhaftet, am folgenden Morgen ins KZ Buchenwald deportiert, wo er am 23. Juli 1940 im Häftlingskrankenhaus starb.
Mehr über das seit 1996 laufende Projekt Stolpersteine, initiiert von dem Künstler Günter Deming, ist unter https://www.stolpersteine-berlin.de/ zu lesen.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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