Kiezgesichter, Monster und Barrieren
Gisela Gürtler fotografiert, Kiezbewohner erzählen aus ihrem Leben / Online-Austellung geplant

Gisela Gürtler mit "Schwarz-Porträts", die sie für die neue Ausstellung aufgenommen hat. | Foto: Schilp
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  • Gisela Gürtler mit "Schwarz-Porträts", die sie für die neue Ausstellung aufgenommen hat.
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Welche Barrieren gibt es für Menschen? Welche kleinen und großen Monster quälen sie in ihrem Alltag? Dieser Frage ist die Neuköllner Fotografin Gisela Gürtler nachgegangen. Anfang April war alles fix und fertig für die Ausstellung „BARRIERE-frei“. Doch dann kam die Corona-Pandemie. Nun will die Künstlerin online gehen.

Gisela Gürtler kann sich glücklich schätze, denn vor zwei Jahren fand sie ein besonderes Atelier – im Nachbarschaftsgarten an der Hobrechtstraße 55. Zufällig war sie auf die grüne Hinterhofoase gestoßen und wurde mit dem Träger, der Allgemeinen Jugendberatung, einig. Wenn nicht gerade andere Veranstaltungen anstehen, darf sie den Pavillon als Studio nutzen. Hier macht sie Porträts von Schauspielern genauso wie Aufnahmen von Babys und Familien oder Bewerbungs- und Passfotos.

Der Anstoß für ihr erstes öffentliches Projekt: „Ich traf im Viertel immer wieder dieselben Leute, aber ich wusste wenig über sie.“ Das sollte sich ändern. „Ich wollte Menschen, die schon lange hier wohnen oder arbeiten, sichtbar machen, ihre Gesichter und Geschichten.“

Ihre fotografische Reise begann bei Kerstin und Andre Gerloff, die einen Fahrrad- und Mopedladen haben. Sie machte Bilder von den beiden und befragte sie zu ihrem Leben. „Schnell gab es einen Dominoeffekt“, erzählt sie. Sie wurde angesprochen: Warst du schon bei Ali im Trödelladen? Kennst du Wolle, der lebt schon seit 60 Jahren hier? Am Ende hatte sie 40 „Kiez Gesichter" samt Kurztexten für ihre gleichnamige Ausstellung zusammengestellt.

Wo Menschen auf Widerstand stoßen

Die Fotografierten selbst enthüllten die Bilder anlässlich des Festivals 48 Stunden Neukölln 2019. Das Interesse war so groß, dass sie mehr als drei Monate den Zaun des Nachbarschaftsgartens zierten. Immer noch zu sehen sind sie unter www.giselaguertler.de.

Die Fotografin hatte Geschmack an der Sache gefunden. Nun wollte sie sich mit dem Thema „Barrieren“ auseinandersetzen, den sichtbaren und unsichtbaren. „Barrieren prägen das Leben. Sie können körperlich oder gesellschaftlich sein, politisch, persönlich oder alles gleichzeitig“, meint Gürtler.

Sie habe bewusst Schubladen aufmachen wollen, sagt sie. Deshalb traf sie 60 Menschen unterschiedlichster Couleur: Flüchtlinge, Lehrer, Tätowierer, Behinderte, Punks, Journalisten, Schauspieler, Mädchen mit Kopftüchern, Künstler, queere Personen und, und, und.

Welche Barrieren gibt es in deinem Leben? Wie kannst du sie überwinden? Und was wünschst du dir? Diese drei Fragen beantworteten alle, nachdem sie sich vor die Kamera gestellt hatten. Gisela Gürtler machte zwei Fotoserien. Die erste zeigt klassische Porträts. Jeder trägt ein schwarzes Oberteil, vor schwarzem Hintergrund. „Eine Reduzierung auf die Gesichter, auf die Augen, die eine Geschichte erzählen“, kommentiert Gürtler die Fotografien. Sie habe die Charaktere zeigen wollen, wie sie sind: einzigartig, natürlich, individuell – ohne Ablenkung.

Für die zweite Serie konnte jedes ihrer Models posieren, wie es wollte. Die entstandenen Fotografien hat der Illustrator Marc Buyny anschließend genutzt, um viele, bunte Monster zu platzieren. Sie widmen sich den Barrieren auf die ein oder andere Art oder tun ganz etwas anderes. „Marcs und meine Kunst haben sich verbunden, auch hier wurden Barrieren überwunden“, sagt Gürtler.

Corona als persönliche Herausforderung

Nachdem die Ausstellungseröffnung Anfang April geplatzt ist, soll sie nun im August oder September stattfinden. Aber Gisela Gürtler möchte nicht so lange warten und hat ein Zwischenprojekt auf den Weg gebracht. Sie will die „Schwarzporträts" online stellen und die Fotografierten nochmal interviewen – dieses Mal zum Thema Corona und den damit verbundenen Fragen, Befürchtungen und Wünschen. Ein Schaupieler und eine Schauspielerin sollen die Texte einlesen, Dominik Trampf Musik einspielen. Gisela Gürtler hofft, dass die Ausstellung im Netz Ende Juni an den Start gehen kann.

Weitere Informationen bekommt man auf Instagram bei @giselaguertler und unter www.giselaguertler.de.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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